"Kann eine Explosion wie bei Mensur erwarten"

Rowby John Rodriguez ist zum dritten Mal bei der WM dabei
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SPOX: Haben Sie sich selbst konkrete Ziele gesteckt?

Rodriguez: Anfang des Jahres habe ich gesagt, Ende 2016 will ich in den Top32 stehen. Ich wollte Mensur überholen. Seitdem ich dieses Ziel ausgegeben habe, ist Mensur immer weiter nach vorne marschiert. Mein Jahr verlief hingegen enttäuschend: Ich hatte einen Bandscheibenvorfall und bin dadurch in der Rangliste gefallen. Deshalb war es dieses Jahr mit den Top32 schwierig, aber nächstes Jahr packe ich das!

SPOX: Inwiefern beeinträchtigen Sie die Rückenprobleme noch auf der Bühne?

Rodriguez: Im März hat mir ein Arzt diagnostiziert, dass meine Bandscheibe hinüber ist. Es gibt Tage, an denen alles wunderbar ist und Tage, an denen ich unheimliche Schmerzen habe. Da ich nicht lange am Stück schmerzfrei sitzen kann, ist die Reiserei für mich schlimmer als die Matches auf der Bühne. Es belastet mich nicht nur körperlich, sondern auch mental und ich musste deshalb schon Turniere absagen.

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SPOX: Wie gravierend ist es finanziell gesehen, wenn Sie Turniere absagen müssen oder früh ausscheiden?

Rodriguez: Besonders in der Anfangszeit spürst du jede Niederlage im Geldbeutel. Ich habe im letzten Januar meine Lehre als Zahnarztassistent beendet und habe daraufhin den Schritt gewagt, meinen Lebensunterhalt mit Darts zu finanzieren. Das hat aber nicht auf Anhieb funktioniert: Es ist schwierig, mental die Leistung abzurufen, wenn man finanziellen Druck hat.

SPOX: Und wie ist es im Moment?

Rodriguez: Mittlerweile habe ich durch die Kneipe ein Einkommen, mit dem ich die Fixkosten begleichen kann. Etwaiges Preisgeld ist ein Bonus. Klar, mit der Kneipe ist es auch mal stressig, aber die Freude an der Arbeit überwiegt. Mein Bruder Roxy-James und ich wollten eh schon immer ein Lokal eröffnen und jetzt hat sich die Tür aufgetan. Außerdem hätte ich auch als Zahnarztassistent Stress und irgendetwas brauche ich, denn die Rechnungen zahlen sich nicht von selbst. Um als Darts-Spieler vernünftig leben zu können, muss man sich in den Top20 festbeißen.

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SPOX: In welchem Ausmaß werden Sie von Sponsoren unterstützt?

Rodriguez: Sponsoren zu generieren ist ein ganz heikles Kapitel. Da sind wir Österreicher fehl am Platz. Die Sponsorensuche ist katastrophal, eigentlich besteht nur bei Sponsoren von außerhalb eine realistische Chance. Ich habe ein paar Sponsoren, aber von den Zahlen, die bei den großen Namen fließen, kann ich nur träumen. Aber zum Beispiel die Kosten, die im Rahmen der WM anfallen, bezahlt zum Glück mein Management. Anders hätte ich mir die Turniere in den letzten Jahren auch nicht leisten können und über diese Hilfe bin ich sehr dankbar. Es ist aber auch kein Zufall, dass mein Management aus England kommt.

SPOX: Mit Mensur Suljovic hat Österreich einen der besten Spieler der Welt. Treibt das die Entwicklung in Österreich nicht voran?

Rodriguez: Wenn ich Darts in Österreich mit Darts in anderen Ländern vergleiche, ist die Entwicklung schwach. Obwohl wir die Nummer 8 der Welt haben, gibt es keinen Boom. Wir haben zu wenig Medienpräsenz und deshalb hat sich Darts noch gar nicht herumgesprochen. Ich werde eigentlich nur rund um die WM angerufen, aber einmal im Jahr reicht einfach nicht - in Deutschland ist das Potenzial viel größer.

SPOX: In welcher Rolle sehen Sie sich selbst bei der Entwicklung von Darts in Österreich?

Rodriguez: Ich habe schon ein paar Erfolge gefeiert und bin bei vielen Turnieren dabei. Aber das bringt uns wenig, wenn wir in den Medien kaum stattfinden. Die Österreicher müssen überhaupt erstmal etwas von dem Zirkus mitbekommen, derzeit gibt es hier nur Fußball und Wintersport.

SPOX: Dabei hat Österreich ja einige Talente, nicht zuletzt Ihren Bruder Rusty-Jake.

Rodriguez: Absolut! Mein Bruder ist 16 Jahre alt und in seinem Alter war ich noch nicht so weit wie er. Dabei habe ich mit 16 stundenlang am Board gestanden und er trainiert nicht außergewöhnlich viel, aber er hat schlicht mehr Talent als ich. Er hat auch bereits ein BDO-Turnier gewonnen und ist damit der jüngste BDO-Sieger aller Zeiten - noch vor van Gerwen. Er wird auf jeden Fall gefährlich.

SPOX: Ihr Vater spielt Darts, ihre beiden Brüder spielen Darts: War Ihr Leben dementsprechend von der Kindheit an von Darts geprägt?

Rodriguez: Seit ich denken kann, hängt bei meinen Eltern eine Scheibe. Die Scheibe ist auch nie abgehängt worden. Das ist wie bei einem Fußballer: Er hat immer einen Ball am Fuß, bei uns sind es die Pfeile in der Hand. Mein Vater hat selbst aktiv gespielt und sein Talent dürfte er wohl an uns weitergegeben haben. Wir haben extrem viel miteinander gespielt und auch heute spielen wir noch häufig zusammen. Tatsächlich war ich es aber, der die anderen immer wieder vor die Scheibe gezerrt hat. Nur meine Mutter spielt nicht Darts.

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