Boxen - Alexander Povetkin im Porträt: Wladimir Putins Ritter im Ring

Alexander Povetkin hat vor seinem Kampf gegen Antthony Joshua nur eine Profi-Niederlage zu verzeichnen.
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In seinem letzten Kampf prügelte Alexander Povetkin seinen Gegner ins Krankenhaus. Nun wartet kein Geringerer als Anthony Joshua (Sa., 22.50 Uhr live auf DAZN) auf den 38-Jährigen, der seine Schlagzeilen auch neben dem Ring macht. Als Doping-Sünder, Freund von Russlands Präsident Waldimir Putin und brennender Nationalist ist Povetkin eine umstrittene Persönlichkeit.

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Zum dritten Mal fiel er in dieser siebten Runde schon auf die Matte. Nie besonders hart, dennoch von der Entkräftung der letzten Minuten gezeichnet, rückte die erste Profi-Niederlage für Alexander Povetkin an diesem Oktobertag 2013 näher und näher. Die Schläge von Dr. Steelhammer hatten ihre Spuren hinterlassen. Nur mit Mühe hielt er den zählenden, in diesem Moment so bedrohlich wirkenden Fingern des Ringrichters Stand und quälte sich irgendwie bis ans Ende der zwölften Runde.

Dem Knockout entging Povetkin zwar, das Ergebnis der Unparteiischen war dennoch einstimmig: Punktniederlage gegen Wladimir Klitschko. Der reguläre WBA-Weltmeistertitel war verloren - und das ausgerechnet gegen den Mann, der ihm das Tragen des Gürtels durch seinen Status als Superchampion (Champion der IBF, WBO und WBA) überhaupt erst ermöglicht hatte. Nur deswegen konnte sich Povetkin nämlich 2011 mit dem Sieg über Ruslan Chagayev zum Weltmeister krönen.

Dass der "russische Ritter", so Povetkins Kampfname, das Zeug zum Titelträger hat, zeigte sich dabei schon sehr früh. Den Amateurbereich dominierte er zeitweise nach Belieben, feierte über 100 Siege, kürte sich zum Weltmeister (2003) und Olympiasieger von Athen.

Povetkin war so gut, dass ihn der Boxstall von Wilfried Sauerland 2005 unter Vertrag nahm und er noch im selben Jahr sein Profi-Debüt gab. Die Laufbahn startete mit einem Sieg durch Technischen K.o. gegen Muhammed Ali Durma und führte dank seiner aggressiven, schnellen Schlagtechnik von Triumph zu Triumph - bis sich der Linksausleger als Pflichtherausforderer von Klitschko qualifizierte.

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Weil sich Povetkin aber in der Vorbereitung auf das Duell seines Lebens am Sprunggelenk verletzte und neun Monate außer Gefecht gesetzt war, verzögerte sich das Aufeinandertreffen. Es wurde ein neuer Termin gefunden, doch anstatt sich Klitschko zu stellen, schwänzte er unentschuldigt die offizielle Pressekonferenz und unterschrieb den Vertrag nicht fristgerecht. Der Kampf platzte erneut.

"Ich habe von Anfang gesagt, dass ich mehr Zeit brauche", gestand Povetkins damaliger Trainer Teddy Atlas, der einst mit Mike Tyson zusammengearbeitet hatte, später: "Ich wollte den Fight nicht sofort haben. Lasst mir mehr Zeit mit ihm. Auch mir geht dadurch Geld durch die Lappen. Ich habe mich aber entschieden, das zu tun, was für meinen Kämpfer am besten ist."

Alexander Povetkins Profi-Statistik:

Kämpfe35
Siege34
K.-o.-Siege24
Niederlagen1
Unentschieden0
Keine Wertung0

Alexander Povetkin ein Freund von Wladimir Putin

Am Ende lohnte sich das jahrelange Warten nicht. Povetkin verlor den Jahre später stattfindenden Kampf und kassierte neben der sportlichen für viele auch eine politische Niederlage. Immerhin war es nicht einfach nur das Duell um zahlreiche Verbandstitel, sondern auch ein Kampf zwischen Russland (Povetkin) und der Ukraine (Klitschko), in einer Zeit, in der die Fronten beider Länder mehr und mehr verhärteten.

Es dürfte daher auch kein Zufall sein, dass sich der Kreml in die Angelegenheit einmischte und über das staatliche Mineralölunternehmen Rosneft viele Millionen Dollar hinblätterte, um den Kampf nach Moskau zu bringen. Und hätten sich die TV-Anstalten nicht dagegen entschieden, der Fight hätte am 7. Oktober, also dem 61. Geburtstag von Wladimir Putin, stattgefunden.

Der russische Präsident, selbst Träger des schwarzen Gürtels im Judo, gilt als sport- und insbesondere als kampfsportbegeistert. Doch darüber hinaus verbindet ihn und Povetkin noch etwas anderes: Politik. Der Boxer ist Abgeordneter im Parlament seiner Geburtsregion Kursk und Mitglied der Kremlpartei Einiges Russland, welche den Kurs von Putin unterstützt. Nicht umsonst bekundete Povetkin also großen Respekt gegenüber seinem Staatschef und lobte ihn, "weil er nie schlapp macht und uns Sportler unterstützt".

Ihm, der den slawischen Gott des Himmels tätowiert hat und bekennender Anhänger der Russisch-Orthodoxen Kirche ist, gefällt der nationalistische Gedanke. Mit weiteren Tätowierungen wie dem Russischen Stern auf seinem linken Oberarm und offen getragenen T-Shirts, die neben Zaren und russischen Feldherren auch ein russisches Hakenkreuz zeigen, propagiert Povetkin diese Weltanschauung gerne nach außen.

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Alexander Povetkin als doppelter Dopingsünder

Es ist eine Ideologie, die dem 38-Jährigen hierzulande viel Kritik einbringt, an seiner sportlichen Begabung aber nichts ändert. Immerhin erholte er sich schnell von der Klitschko-Schlappe und bestritt seine nächsten Kämpfe allesamt siegreich. Povetkin kämpfte so erfolgreich, dass für den Mai 2016 das nächste boxerische Festmahl bereitet wurde: ein Duell mit Deontay Wilder.

Stattgefunden hat der Schlagabtausch mit dem "Bronze Bomber" allerdings nie. Eine positive Dopingprobe auf das Arzneimittel Meldonium, das bereits Maria Sharapova zum Verhängnis wurde, ließ nicht nur den Kampf ausfallen, sondern öffnete das bislang schwärzeste Kapitel in Povetkins Sportlerkarriere.

So sollte es nicht bei einem einmaligen Ausrutscher bleiben. Nur acht Monate nach dem ersten Befund überführten ihn die Verantwortlichen eines zweiten Vergehens. Diesmal sorgten 0,00000000001 Gramm Ostarin für das nächste böse Erwachen, das in einer Geldstrafe von 250.000 Dollar und einer einjährigen Sperre, die zunächst auf lebenslang ausgelegt war, mündete.

Alexander Povetkin trifft auf Anthony Joshua

Für den Box-Zaren jedoch kein Grund, die Lederhandschuhe an den Nagel zu hängen. Er kehrte 2017 zurück in den Ring und schnappte sich weitere Siege für seine Vita, ehe er in die Fightcard des Titelfights zwischen Anthony Joshua und Joseph Parker Ende März diesen Jahres aufgenommen wurde.

Während der Hauptkampf nicht den erwarteten Boxsport der Extraklasse bot, war das heimliche Highlight des Abends Povetkins Faustduell mit David Price. Den Briten schickte er mit einem gewaltigen Hieb in der fünften Runde auf die Bretter - Nasenbeinbruch mit anschließendem Krankenhausbesuch inklusive. Der Knockout war dabei so hart, dass der Ringrichter Price nicht mal mehr anzählte, bevor er den Kampf beendete.

Mit diesem Erfolg im Rücken dürfte sich Povetkin gewappnet für das Duell mit Joshua sehen (Sa., 22.50 Uhr live auf DAZN). Denn auch wenn Joshua als Titelträger der IBF, WBA, WBO und IBO als Favorit in den Ring steigt, hat er Respekt vor Russlands Aushängeschild im Schwergewicht. "Povetkin ist ein ernstzunehmender Gegner, auf welchen ich mich sorgfältig vorbereiten werde", betonte Joshua: "Er hat langjährige Erfahrung und nur ein Idiot würde unterschätzen, was er leisten kann."

Verlassen muss sich Povetkin dann auf seine Aggressivität, mit der er, gepaart mit der Effizienz seiner Schläge, durchaus in der Lage sein kann, Joshuas Rhythmus zu zerstören. Diese Taktik muss fruchten, andernfalls wird ihm sein körperliches Defizit - zehn Zentimeter kleiner und 16 Zentimeter weniger Reichweite - zum Verhängnis. Und die Matte im Wembley Stadium würde mindestens so gierig nach ihm rufen wie damals im Kampf gegen Klitschko.

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