"Ich gebe Feigenbutz noch Zeit"

Von Interview: Micha Schneider
Stefan Härtel gewann alle seiner bisherigen sechs Profikämpfe
© getty
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SPOX: Wäre ein Duell mit Feigenbutz nicht eine Chance, sich zu beweisen?

Härtel: Grundsätzlich wäre das natürlich möglich, aber warum sollte Sauerland das machen? Feigenbutz ist jetzt, warum auch immer, schon relativ nah am WM-Titel dran und es wäre dumm einen von uns auszuschalten. Wenn, dann würden Sie uns am Ende der Karriere gegeneinander boxen lassen, wenn man sieht, es geht nicht mehr weiter. Ich gebe Feigenbutz also gern noch etwas Zeit. (lacht)

SPOX: Einer Ihrer größten Erfolge als Amateur war der fünfte Platz bei den Olympischen Spielen. Was war das für ein Gefühl, bei der Eröffnungsfeier einzulaufen?

Härtel: Da konnte ich leider gar nicht dabei sein, weil ich am nächsten Tag schon geboxt habe. Ich musste Prioritäten setzen. Bei der Abschlussfeier war ich dann aber dabei. Das ganze Drumherum ist gigantisch. Olympia zu toppen, wird schwer und ist eigentlich unmöglich.

SPOX: Wie haben Sie die Atmosphäre im olympischen Dorf erlebt? Es soll ja zwischen den Wettkämpfen mitunter hoch hergehen?

Härtel: Die Storys habe ich leider nur gehört und sie nicht selbst mitbekommen. Ich war auch lange im Turnier. Grundsätzlich war es sehr locker, ein Erlebnis, was ich sicher nie vergessen werde. (lacht)

SPOX: Neben Olympia bestritten Sie auch Wettkämpfe und Weltmeisterschaften in Marokko, Indien oder Kasachstan. Wie haben diese Reisen Sie beeinflusst?

Härtel: Für mich gab es in all den Ländern immer nur eins: Boxen. Ich kannte den Weg zur Halle, die Halle selbst und den Weg zurück. Letztlich ist das natürlich auch ein bisschen schade, aber ich war früher ohnehin nie ein wirklich interessierter Tourist.

SPOX: Trotz Ihrer Erfolge als Amateur: So richtig im Rampenlicht standen Sie nicht. War die öffentliche Aufmerksamkeit auch ein entscheidender Faktor bei Ihrer Entscheidung, Profi zu werden?

Härtel: Das nicht. Ich liebe den Sport einfach, ob ich nun bekannter werde oder nicht. Das war ja nicht der Grund, weshalb ich damals mit dem Sport angefangen habe. Natürlich bekommt man als Profi sofort mehr Aufmerksamkeit, obwohl man mitunter weniger leisten muss.

SPOX: Ihr Einstieg als Profi gelang, Sie gewannen alle sechs Kämpfe. Waren die Gegner nur Fallobst?

Härtel: Das nicht, aber bei den Amateuren habe ich bei der WM oder Olympia in der Weltspitze geboxt und die ersten Gegner als Profi sind natürlich auch dazu da, sich an die längere Distanz zu gewöhnen. Die bisherigen Kontrahenten haben mich deshalb noch nicht wirklich gefordert. Ich musste noch keine 110 Prozent geben.

SPOX: Ihren vierten Profikampf bestritten Sie in der Berliner o2 World als Vorkämpfer Abrahams. Bekommt man bei solch einer Arena nicht den Drang nach mehr?

Härtel: Und wie. (lacht) Ehrlich, ich kann es nicht mehr erwarten. Bei meinen bisherigen Kämpfen war die Halle leider noch halbleer und ich habe im Vorfeld selbst Karten an Freunde oder Bekannte gebracht. Dann war natürlich trotzdem ordentlich Stimmung in der Bude. Aber mit einem Hauptkampf von Arthur ist das nicht zu vergleichen. Wenn du siehst, welch eine Stimmung dort herrscht, dann willst du das einfach auch irgendwann erleben.

SPOX: Apropos Abraham, Sie sind sein Sparringspartner. Was können Sie sich noch abschauen?

Härtel: Wir haben unterschiedliche Boxstile, aber Arthur ist einfach ein ausgebuffter Typ, ist mit allen Wassern gewaschen. Er macht nicht mehr als er muss und hat das Gespür, wann mal wieder eine Aktion angebracht wäre und wann er wieder etwas mobilisieren muss. Im Sparring hält er sich schon auch mal zurück. Im Kampf ist er aber immer voll da. Da sieht man schon einen Unterschied.

SPOX: Sauerland sagte bei Ihrer Unterschrift: "Wir wollen mit Stefan nicht rumeiern. Er soll zügig an die Weltspitze geführt werden. In zwei Jahren kann er schon Weltmeister sein." Ein Jahr ist jetzt rum. Wann sind Sie denn Weltmeister?

Härtel: Ich wäre froh, irgendwann überhaupt Weltmeister zu werden. Das Supermittelgewicht ist eine starke Gewichtsklasse. Wir wollen nichts überstürzen. Sauerland hat aber auf jeden Fall große Erfahrung damit, Leute an die Weltspitze zu führen. Innerhalb der nächsten drei Jahre sollte schon ein Titel rausspringen - ob das dann der WM-Titel ist, wird man sehen.

Seite 1: Härtel über nervende Boxer, Vorlesungen und sein Verhältnis zu Feigenbutz

Seite 2: Härtel über das Erlebnis Olympia, das Kollege Abraham und das Ziel WM-Titel

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