"Klitschko macht Boxen langweilig"

Wladimir Klitschko und Kubrat Pulev (r.) treffen am Samstag aufeinander
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SPOX: Sie haben einmal gesagt, dass Sie aggressiver zu Werke gehen, wenn Sie Blut sehen.

Pulev: Das stimmt immer noch. Manchmal ist Boxen nun mal ein Krieg, genauso fühle ich mich auch. Wenn mein Gegner in der achten oder neunten Runde anfängt zu bluten, pusht mich das. Das macht mich noch böser. Und dem Publikum gefällt es auch, ein bisschen Show gehört dazu.

SPOX: Man kann es aber auch übertreiben wie Shannon Briggs, der in den letzten Tagen als Klitschko-Stalker für Schlagzeilen sorgte. Nerven diese Nebengeräusche?

Pulev: Ach, das ist doch reine Show, das interessiert mich nicht. Briggs ist ein Clown. Er kann nicht einfach um die Ecke kommen und einen WM-Kampf fordern. Dafür gibt es Verbände, die so etwas entscheiden. Das würde ein schlechtes Licht auf den kompletten Sport werfen, die Zuschauer lassen sich nicht für dumm verkaufen.

SPOX: Nicht nur Briggs, auch Klitschko stand in den letzten Jahren immer mal wieder in der Kritik, vor allem wegen seiner Gegnerauswahl. Hat er dadurch viel Respekt verloren?

Pulev: Ja, wobei ich sagen muss, dass ich ihn nicht verstehe. Klitschko ist gut, da darf es keine zwei Meinungen geben. Aber warum zeigt er das nicht, indem er gegen die besten Gegner in den Ring steigt? Klitschko hat das Boxen langweilig gemacht, und das hält bis heute an. Das Schwergewicht war mal die Königsklasse, aber das ist schon lange her. Sogar Ukrainer kommen zu mir und drücken mir die Daumen. Das sagt schon alles, so etwas habe ich noch nie erlebt, seitdem ich bei Sauerland bin.

SPOX: Sie sprechen Ihren Boxstall an. Sie haben sich nach Ihrer Amateurkarriere 2009 für Sauerland entschieden. Gerüchten zufolge gab es allerdings auch Angebote aus den USA. Von wem genau?

Pulev: Das will ich nicht sagen. Ich bin dankbar für die Chance, die Sauerland mir damals gegeben hat. Mir gefällt es in Deutschland, diese Entscheidung war rückblickend auf jeden Fall richtig, auch für mein Leben abseits des Boxens. Wenn ich in die USA gegangen wäre, hätte ich mit allem abschließen müssen. Als Außenstehender ist es immer einfach, über so etwas zu urteilen, Amerika hat auf viele Leute immer noch eine besondere Anziehungskraft. Aber ist der Alltag dort wirklich besser als in Deutschland? Da habe ich meine Zweifel.

SPOX: Die USA gilt dennoch weiterhin als Mekka des Boxens, auch wenn dieser Ruf in den letzten Jahren ein wenig gelitten hat. Ist es ein Traum von Ihnen, irgendwann einmal dort zu kämpfen?

Pulev: Als Boxer reizt mich die USA natürlich, keine Frage. Aber ich habe zum Beispiel als Profi auch noch nie in meiner Heimat Bulgarien geboxt. Das wäre auch ein Abenteuer.

SPOX: Bulgarien ist nicht unbedingt als Box-Nation bekannt - im Gegensatz zu vielen anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks. Warum?

Pulev: Damals wurde noch viel Geld in den Sport hineingepumpt. Der Sport war ein Prestigeobjekt im Kommunismus. Aber als das ganze System zusammengebrochen ist, war der bulgarische Sport am Boden. Das hat sich erst in den letzten Jahren langsam wieder erholt.

SPOX: Auch während Ihrer Amateurkarriere waren die Umstände in Bulgarien nicht immer optimal. Woran hat es gemangelt?

Pulev: Es hört sich vielleicht komisch an, aber ich hatte damals extreme Probleme, ordentliche Sparringspartner zu finden. Deswegen konnte ich selten gut trainieren, das hat mich einiges gekostet. Selbst vor den Olympischen Spielen 2008 hatte ich deswegen keine gute Vorbereitung. Wenn ich überlege, dass ich am Samstag zum ersten bulgarischen Schwergewichts-Weltmeister werden kann, habe ich mich gar nicht so schlecht entwickelt (lacht). Mit diesem Titel könnte ich meinen Teil dazu beitragen, dass Boxen in meiner Heimat wieder größer wird.

SPOX: Ein Bulgare hat im Boxen bereits vor Ihnen Geschichte geschrieben, auch wenn nur die wenigsten davon wissen. Sagt Ihnen der Name Serafim Todorov etwas?

Pulev: Natürlich, ich kenne ihn sogar persönlich. Er war ein großes Talent und hat als Amateur viele Medaillen und Turniere gewonnen. Er ist auch der letzte Boxer, der Floyd Mayweather bezwingen konnte, bei den Olympischen Spielen 1996 müsste das gewesen sein. Das ist schon ziemlich lange her, es wird also mal wieder Zeit, dass ein Bulgare in die Box-Historie eingeht.

Seite 1: Pulev über Wladimir Klitschko, die Angst vor dem Clinch und Blut

Seite 2: Pulev über Shannon Briggs, seine Amateurkarriere und Floyd Mayweather

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