"Habe hier nicht so viele gute Spieler erwartet“

Jared Cunningham beim Testspiel gegen Real Madrid
© imago

Der FC Bayern Basketball hat sich mit Jared Cunningham einen Guard mit viel NBA-Erfahrung gesichert. Im Interview mit SPOX sprach der Neuzugang über seine ersten Eindrücke von München und Europa, fehlende Loyalität in der NBA und über die Erwartungshaltung in China.

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SPOX: Mr. Cunningham, Sie haben Ihre erste Vorbereitung mit Bayern München hinter sich. Was haben Sie für Eindrücke von ihrem neuen Klub gewonnen?

Jared Cunningham: Zunächst musste ich mich natürlich einfinden, da ich ja direkt aus den USA verpflichtet wurde. Aber das ging schnell - und ich kann inzwischen sagen, dass es keinen Grund gibt, sich über irgendetwas zu beschweren. Das gilt für den Verein und die Stadt gleichermaßen, ich durfte hier schon viel unterwegs sein. Der Basketball mag hier nicht so eine große Rolle spielen wie anderswo, aber man merkt trotzdem, mit welcher Hingabe die Leute dabei sind.

SPOX: Sie mussten große Teile der Vorbereitung ohne Head Coach Sasa Djordjevic absolvieren, der das serbische Team bei der EuroBasket betreut hat...

Cunningham: Stimmt, das war eine ziemlich komische Situation! Denn ich habe ehrlich gesagt gar nicht richtig mit ihm gesprochen, bevor er zurück war. Weder rund um meine Verpflichtung, noch während meiner ersten Wochen in München.

SPOX: Aber hatten Sie denn die Chance, die Serben bei der EM zu verfolgen und sich so ein Bild davon zu machen, was für ein Basketball Sie erwartet?

Cunningham: Das schon, ja. Wir haben einige serbische Spiele als Team in der Kabine geschaut. Da konnte ich erste Eindrücke sammeln. Vor allem das Defensiv-Konzept hat mich beeindruckt.

SPOX: Gehen wir einige Wochen zurück: Es war für die Öffentlichkeit ein durchaus überraschender Move von den Münchnern, als Ihre Verpflichtung bekannt gegeben wurde. Wann hatten Sie denn erstmals Kontakt?

Cunningham: Der Zeitpunkt des ersten Kontakts und die Unterschrift lagen sehr nahe beieinander, das war ein ziemlich schneller Prozess. Ich habe auch gar nicht mitbekommen, dass Bayern mich gescoutet hat, während ich in der Summer League gespielt habe. Das lief alles über meinen Agenten, der mich erst informiert hat, als es sehr konkret war.

SPOX: Und dann haben Sie nicht lange überlegen müssen?

Cunningham: Nein. Mir hat gefallen, was die Verantwortlichen von mir erwarten und was ich für eine Rolle in ihrem System spielen soll. Außerdem habe ich auch schon vorher viel über die Stadt München gehört und habe schnell entschieden, dass dies ein guter Ort wäre, an dem ich mich mit meiner Familie heimisch fühlen kann.

SPOX: Dies ist ein Punkt, der sicher nicht immer einfach für Sie war - schließlich sind Sie mit mittlerweile 26 Jahren schon viel rumgekommen. Aber darauf kommen wir später noch zu sprechen. Zunächst zu Ihrer Karriere: Sie wurden 2012 gedraftet und spielten anschließend für die Mavericks beziehungsweise im D-League-Team von Dallas.

Cunningham: Genau. Damals war ich in einer merkwürdigen Situation, weil ich vor dem Draft verletzt war. Deshalb konnte ich keine Workouts machen, habe also nie mit den Mavs trainiert. Leider hat sich diese Verletzung auch auf meine Rookie-Saison ausgewirkt, sodass ich zunächst in der D-League Spielpraxis sammeln und mich in Form bringen sollte. Das war zwar nicht immer einfach, aber trotzdem eine sehr wichtige Erfahrung für mich - schließlich kam ich zu einem Team, das gerade die Championship gewonnen hatte. Und ich durfte mit Dirk und anderen Spielern trainieren, die ich schon sehr lange verfolgt hatte.

SPOX: Da Sie Dirk schon ansprechen: Es ist für mich in Deutschland ja quasi eine Pflicht, Sie jetzt nach ihm zu fragen...

Cunningham: (lacht) Da kann ich auch nur das bestätigen, was alle sagen, die je mit ihm zu tun hatten: Er ist ein großartiger Kerl, mit dem man viel Spaß hat. Aber er ist halt auch einer der besten - vielleicht der beste - Europäer aller Zeiten und man kann so viel von ihm lernen. Man muss ihm dafür eigentlich nur zuschauen, weil er alles richtig macht und sehr hart arbeitet.

SPOX: Zurück zu Ihnen: Wie bewerten Sie generell das Parallel-System der NBA und D-League? Sie kennen ja beide Ligen sehr gut. Und es gibt ja auch einige Spieler, die in der Entwicklungsliga festhängen, ohne eine wirkliche Perspektive zu haben.

Cunningham: Das mag sein - aber da muss man einfach den Ehrgeiz haben, sich da durchzukämpfen. Man darf nicht vergessen: Die D-League ist eine größere Plattform, als viele denken. Dort sitzen sehr viele Scouts, die sofort merken, wenn du Fortschritte machst oder Potential hast. Es ist sicherlich kein Zufall, dass es viele aktuelle NBA-Spieler gibt, die einen großen Vertrag unterschrieben haben und einst in der D-League waren. Es ist also in erster Linie eine große Chance - vor allem für die vielen jungen Spieler - dort zu spielen.

SPOX: Sie wurden insgesamt viermal in die D-League geschickt. Sie hatten dadurch also nicht die Befürchtung, dass Ihr Profikarriere stockt oder gar in Gefahr gerät?

Cunningham: Nein, nie. Ich weiß, dass ich sehr gut Basketball spielen kann und dass es viele Klubs gibt, die mich dafür bezahlen. Klar, besonders in meiner NBA-Zeit gab es viele Hochs und Tiefs. Aber letztendlich wurde ich doch überall eingesetzt, weil meine Fähigkeiten geschätzt wurden.

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