Handball, EHF-Cup: Emotionen pur! So feierte der THW Kiel Alfred Gislason

Alfred Gislason hat mit dem THW Kiel den EHF-Cup gewonnen.
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Der THW Kiel hat die Füchse Berlin im EHF-Cup-Finale mit 26:22 bezwungen und damit seinem Trainer Alfred Gislason ein wunderbares Abschiedsgeschenk gemacht. Die Fans bringen es tatsächlich fertig, den isländischen Eisblock zumindest ein wenig zum Schmelzen zu bringen.

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"Alfred"-Sprechchöre donnerten durch die Sparkassen-Arena, die Spieler um Kapitän Domagoj Duvnjak weigerten sich, den Pokal als Erste in die Höhe zu strecken. Diese Ehre konnte an diesem Samstagabend nur einem gebühren: Alfred Gislason.

Der THW-Coach, der die Kieler am Saisonende nach elf Jahren verlassen wird, zierte sich zunächst ein wenig. Doch seine Schützlinge ließen ihm keine Wahl, sie drängten den 59-Jährigen förmlich dazu, die EHF-Cup-Trophäe den Fans zu präsentieren.

"Ich habe versucht, mich zu verstecken. Aber es hat nicht geklappt. Es war eine schöne Geste von den Jungs", sagte Gislason und schob mit einem Augenzwinkern hinterher: "Aber ein bisschen Verarschung war da auch dabei. Sie wollten mich vor allem mit Bier und Sekt vollkippen."

In der Tat: Die Trainerlegende bekam die volle Ladung ab und sah anschließend aus, als wäre er soeben aus einem vollen Bierfass gestiegen.

Gislason: "Ein extrem bewegender Moment"

Rund eine halbe Stunde später tauchte der Mann aus Akureyri mit frischen Klamotten bei der Pressekonferenz auf. Er, der knallharte Hund, der "fauchende Geysir", der früher seine Spieler nach allen Regeln der Kunst zusammengefaltet hat und im Laufe der Jahre viel lockerer geworden ist, wirkte ruhig und gefasst. Erst als Gislason zu reden begann, wurde klar, wie emotional die zuvor erlebten Momente für ihn waren.

"Die Reaktion der Zuschauer war für mich wie ein Abschiedsgeschenk. Auch wenn ich es als typischer Isländer nicht so gut zeigen kann: Das war ein extrem bewegender Moment für mich", sagte Gislason über die "Alfred"-Sprechchöre und den tosenden Applaus, der aufgebrandet war, als er vor der Partie die Halle betreten hatte.

"Die Atmosphäre war insgesamt unglaublich. Seit wir 2014 aufgrund von zwei mehr erzielten Toren vor den Rhein-Neckar Löwen am letzten Spieltag Meister geworden sind, habe ich so etwas wie heute hier nicht mehr erlebt", meinte das Nordlicht, das 2001, 2009, 2011, 2012 und 2013 zum Trainer des Jahres gewählt wurde.

Alfred Gislason hat mit dem THW Kiel den EHF-Cup gewonnen.
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Alfred Gislason hat mit dem THW Kiel den EHF-Cup gewonnen.

Petkovic mit Respektsbekundung für Gislason

Tatsächlich schien es von der ersten Sekunde der Partie an so zu sein, dass ganz Kiel seinem "König Alfred" den 20. Titel mit den "Zebras" zum Abschied schenken wollte. Die Spieler hatten fast schon Schaum vor dem Mund, so heiß waren sie. Die Fans erledigten den Rest und peitschten die Mannschaft bedingungslos über 60 Minuten an.

Selbst die Berliner, die nach dem Spiel mit freundlichem Applaus verabschiedet wurden, lobten den Kieler Hexenkessel unisono. Der Grund: Die Stimmung war nicht negativ, also gegen die Füchse gerichtet, sie war positiv, und damit einfach pro THW.

"Ich bin total enttäuscht, was normal ist, wenn du ein Finale verlierst", sagte Berlins Trainer Velimir Petkovic: "Was es für mich ein bisschen erträglicher macht, ist die Tatsache, dass Alfred den Pokal gewonnen hat. Ich gratuliere ihm von ganzem Herzen, er hat sich das verdient."

"Petko" hatte Gislason bereits unmittelbar vor der Pressekonferenz mit einer innigen Umarmung seinen Respekt gezollt. Dann sah der Bosnier die Zeit gekommen, den Isländer auf dem Podium direkt anzusprechen. "Alfred, du bist jetzt in deiner letzten Saison", sagte Petkovic, setzte ein Grinsen auf und ergänzte: "Und ich will, dass du auch wirklich gehst, damit auch mal andere Trainer etwas gewinnen können."

Gislason würde noch ein Geschenk aus Flensburg annehmen

Gehen wird er definitiv - und wahrscheinlich im kommenden Jahr eine Nationalmannschaft übernehmen: nach sechs Meisterschaften, sechs DHB-Pokalsiegen, drei Champions-League-Siegen, zwei EHF-Cup-Triumphen und drei Supercup-Siegen mit dem THW. Mit Filip Jicha, der jahrelang unter Gislason gespielt hat und in dieser Saison sein Co-Trainer ist, steht sein Nachfolger bereits fest.

"Wir haben ein paar schwierige Jahre hinter uns, haben jetzt aber eine Mannschaft aufgebaut, die mit einem unglaublich talentierten Trainer eine gute Perspektive hat. Mir waren diese beiden Titel in diesem Jahr sehr wichtig, weil sie zeigen, dass wir unsere Arbeit gut gemacht haben", meinte Gislason, der mit dem THW in dieser Saison bereits DHB-Pokalsieger geworden ist.

Womöglich kommt ja sogar doch noch ein weiterer Titel hinzu. Dafür müsste allerdings Kiel seine verbleibenden drei Spiele in der Bundesliga gewinnen und Tabellenführer Flensburg einmal verlieren. Dann könnte es aufgrund des aktuell besseren Torverhältnisses der "Zebras" zur Meisterschaft reichen.

Beim letzten Auftritt Gislasons am vergangenen Wochenende in Flensburg überreichten ihm die SG-Verantwortlichen eine gute Flasche Gin. "Ich würde durchaus noch ein Geschenk aus Flensburg annehmen, aber ich glaube nicht, dass das kommt", meinte Gislason deshalb auf einen möglichen Patzer des Nordrivalen angesprochen.

Gislason: "Ich kapiere nicht, dass es bald zu Ende ist"

Grundsätzlich wolle er versuchen, die letzten drei Spiele als Kiel-Trainer zu genießen, erklärte er und erschrak ein wenig bei diesem Satz, weil ihm irgendwie dämmerte, dass es ja tatsächlich nur noch drei Spiele sind.

"Irgendwie scheine ich etwas schwer von Begriff zu sein", sagte Gislason daraufhin: "Ich kapiere bisher nicht wirklich, dass es bald zu Ende ist."

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