Handball, EHF-Cup - Gislason vor Abschied aus Kiel: Ein letztes Mal Konfetti und Schampus?

Alfred Gislason verlässt nach dieser Saison den THW Kiel.
© imago

Alfred Gislason wird den THW Kiel am Saisonende verlassen. Während in der Bundesliga der Zug abgefahren scheint, sind zwei andere Titel noch möglich. Und: Die Weichen für die Zukunft sind gestellt. Vor dem Spiel der Zebras bei GOG Svendborg TGI (So., 15 Uhr LIVE auf DAZN) blickt SPOX auf die Situation des THW.

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In exakt 102 Tagen ist es soweit. Am 9. Juni endet die Ära von Trainer Alfred Gislason beim THW Kiel mit einem Heimspiel in der Sparkassen-Arena gegen die TSV Hannover-Burgdorf.

"Es ist ein eigenartiges Gefühl. Das ging alles so schnell", sagte der Isländer im Gespräch mit DAZN und SPOX: "Ich habe meiner Frau in den vergangenen Jahrzehnten so viel versprochen. Aus den geplanten zwei Jahren in der Bundesliga sind 22 geworden. Dann habe ich ihr gesagt, dass ich im Alter von 60 Jahren in der HBL aufhöre. Das halte ich jetzt."

Gislason, der im September seinen 60. Geburtstag feiert, schwingt in seiner elften Saison das Zepter an der Förde. Seit er 2008 vom VfL Gummersbach nach Schleswig-Holstein kam, wurden die "Zebras" sechs Mal Meister, fünf Mal Pokalsieger und zwei Mal Champions-League-Sieger.

Gislason: "Ohne Titel zu gehen, wäre schon schlimm"

Allerdings wurden die großen Erfolge in der jüngeren Vergangenheit weniger. Seit der Meisterschaft 2015 erweiterte "nur" noch der Pokalsieg 2017 Gislasons beeindruckende Trophäensammlung. Es waren für THW-Verhältnisse maue Jahre, in der laufenden Saison ist der Klub nicht einmal in der Champions League vertreten.

Entsprechend riesig ist die Motivation des früheren Rückraumspielers, sich im Konfettiregen und mit Schampus überschüttet aus Kiel zu verabschieden. "Ohne Titel zu gehen, wäre schon schlimm", gab Gislason, der sich in den vergangenen Jahren durchaus Kritik gefallen lassen musste, unumwunden zu.

In der Liga dürfte der Zug trotz weitestgehend guter Leistungen bereits abgefahren sein. Der THW belegt zwar mit 19 Siegen und drei Niederlagen den zweiten Platz. Der Rückstand auf die SG Flensburg-Handewitt, die alle ihre Spiele gewonnen hat, ist aber enorm. Die HBL verzeiht eben keinen Ausrutscher.

Kiel mit Titelchancen im Pokal und im EHF-Cup

In den anderen Wettbewerben ist für die Kieler aber noch alles möglich. Im Final Four des DHB-Pokals bekommen es die Norddeutschen am 6. April im Halbfinale in Hamburg mit den Füchsen Berlin zu tun und würden im Endspiel auf Hannover oder den SC Magdeburg treffen.

Und dann wäre da noch das Final Four im EHF-Cup, das am 17. und 18. Mai in Kiel ausgetragen wird. Sollten die "Zebras", die bislang alle ihre drei Partien gewonnen haben, die Gruppe mit GOG Svendborg TGI (Dänemark), BM Granollers (Spanien) und KS Azoty-Pulawy (Polen) auf Platz eins abschließen, würden sie das Viertelfinale überspringen. Als Gruppenzweiter müsste der THW sich in Hin- und Rückspiel für den Showdown in eigener Halle qualifizieren.

"Für mich wäre es eine riesige Sache, zum Ende meiner Zeit in Kiel so ein Final Four in der eigenen Halle zu erleben. Wenn ich mit dieser Mannschaft noch einen oder zwei Titel holen könnte, wäre das ein großartiger Abschluss", sagte Gislason.

Jicha und Sprenger ersetzen Gislason

Dem "fauchenden Geysir", der einst so unfassbar verbissen und knallhart den Spielern sowie sich selbst gegenüber war und erst in den letzten Jahren etwas entspannter und milder wurde, dürfte der Abgang mit Pokalen im Koffer etwas leichter fallen.

Wie es für ihn selbst weitergeht, ist noch nicht final entschieden. "Mein Plan ist es, ein paar Monate eine Auszeit zu nehmen. Aber ich komme vom Handball einfach nicht los, weil der Handball mein ganzes Leben war und ist. Ich kann mir gut vorstellen, irgendwo Nationaltrainer zu werden", so Gislason, der bereits von 2006 bis 2008 die Auswahl seines Heimatlandes Island coachte und immer wieder als Bundestrainer im Gespräch war.

Dafür ist seine Nachfolge an der Förde bereits geregelt. Filip Jicha, THW-Legende und seit dieser Saison Gislasons Co-Trainer, wird im Sommer den Posten des Cheftrainers übernehmen. Christian Sprenger, der acht Jahre das Trikot des Rekordmeisters trug, wird sein Assistent.

"Ich bin mir ganz sicher, dass Filip ein guter Trainer sein wird. Das wusste ich schon, als er noch Spieler war", erklärte Gislason: "Es gibt Spieler, die kommen ins Training, machen alles mit und dann gehen sie wieder nach Hause. Filip war anders, hat sich extrem mit der Materie beschäftigt. Er wollte immer wissen, was wir wie und warum machen."

THW Kiel: Der aktuelle Kader

PositionName
TorNiklas Landin
TorAndreas Wolff
RückraumNikola Bilyk
RückraumLukas Nilsson
RückraumDomagoj Duvnjak
RückraumGisli Thorgeir Kristjansson
RückraumMiha Zarabec
RückraumHarald Reinkind
RückraumSteffen Weinhold
RückraumMarko Vujin
AußenMagnus Landin
AußenRune Dahmke
AußenNiclas Ekberg
AußenOle Rahmel
KreisPatrick Wiencek
KreisHendrik Pekeler
KreisSebastian Firnhaber

Die Weichen für die Zukunft sind gestellt

Die Weichen für die Zukunft, in der Kiel auf nationaler und internationaler Ebene zu den Schwergewichten zählen möchte, sind auf personeller Ebene gestellt.

Mit Hendrik Pekeler, Magnus Landin, Harald Reinkind und Gisli Kristjansson wurde bereits im vergangenen Sommer hochqualifiziertes Personal zum ohnehin schon schlagkräftigen Kader hinzugefügt. Nach dieser Saison kommt beispielsweise noch Dario Quenstedt (Magdeburg) für den nach Kielce abwandernden Andreas Wolff.

"Ich habe mir vorgenommen, eine Mannschaft zu hinterlassen, die über einen längeren Zeitraum erfolgreich sein kann", sagte Gislason und ergänzte: "Das ist gelungen. Der Verein ist auf einem guten Weg - auch ohne mich."

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