"Dagur tut dem Handball einfach gut"

Fabian Wiede wechselte 2009 vom 1. VfL Potsdam zu den Füchsen Berlin
© getty

Er ist 21 Jahre alt und damit einer der jungen Wilden im deutschen Team: Fabian Wiede. Vor dem zweiten Hauptrundenspiel gegen Russland (18.15 Uhr im LIVETICKER) spricht der rechte Rückraumspieler von den Füchsen Berlin über riesige Tiere und den oft stummen Dagur Sigurdsson. Zudem verrät er, wie wichtig Steffen Weinhold und Carsten Lichtlein als Ansprechpartner sind.

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SPOX: Herr Wiede, DHB-Vizepräsident Bob Haning hat Ihren Auftritt gegen Ungarn, als Sie mit sechs Toren bester Werfer waren, als herausragend bezeichnet.

Fabian Wiede: Das darf er gerne machen. (lacht)

SPOX: Sie reden offenbar nicht so gerne über Ihre eigene Leistung, oder?

Wiede: Zumindest nicht so wie Bob Hanning. Ich versuche, es nüchtern zu bewerten. Das erste Spiel war nicht so der Knaller von mir, am Anfang hat der Zug zum Tor gefehlt. Seither steigere ich mich aber von Spiel zu Spiel und kann insgesamt recht zufrieden sein.

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SPOX: Mit der Niederlage gegen Spanien musste man rechnen, es folgten die drei Siege gegen Schweden, Slowenien und Ungarn. Das Team hat bisher das Optimale herausgeholt, oder?

Wiede: Da haben Sie Recht. Was wir bisher geleistet haben, ist schon sehr gut. Wir haben uns in allen Partien gut präsentiert und sind zuletzt auch als Mannschaft immer ein Stückchen besser geworden. Die Abwehr funktioniert super, der Angriff meistens auch. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.

SPOX: Kommt das bisher positive Abschneiden selbst für die Spieler etwas überraschend?

Wiede: Viele haben am Anfang gedacht: Okay, die Mannschaft ist sehr jung und dementsprechend unerfahren. Deshalb wurde uns nicht ganz so viel zugetraut. Für Außenstehende ist es überraschend, dass wir bisher so weit gekommen sind, das verstehe ich schon. Aber für uns selbst kommt diese Entwicklung zumindest nicht aus dem Nichts.

SPOX: Warum?

Wiede: Wir spielen alle in der Bundesliga, der besten Liga der Welt. Wir kennen deshalb viele Spieler, die hier dabei sind und wissen, wie es ist, gegen sehr gute Mannschaften zu spielen. Wir haben nicht so wenig Routine, wie das womöglich der eine oder andere im Vorfeld gedacht hat.

SPOX: Seit Dagur Sigurdsson im Amt ist, setzt er konsequent auf junge Spieler wie Sie. Er zieht das gnadenlos durch, schickt die Jungen selbst in entscheidenden Phasen von Do-or-Die-Spielen auf die Platte. Wie groß ist sein Anteil an der Entwicklung?

Wiede: Oft werden junge Spieler langsam an große Aufgaben herangeführt. Bei Dagur Sigurdsson wird man schnell herangeführt. (lacht) Er schenkt uns sein Vertrauen, lässt uns unser Spiel spielen. Er sagt immer, wir sollen in der Nationalmannschaft einfach so wie im Verein agieren. Meiner Meinung nach tut dieser Trainer und dieser Umbruch dem gesamten deutschen Handball einfach gut. So hat unsere Sportart wieder eine gute Zukunft vor sich. In den letzten Jahren war es so, dass nicht so viel auf die Jugend gesetzt wurde, sondern eher auf ältere Spieler.

SPOX: Sucht der Bundestrainer auch außerhalb des Spielfeldes vermehrt mit den jungen Spielern das Gespräch, um zu helfen?

Wiede: Naja. Man weiß ja von Dagur Sigurdsson, dass er nicht der gesprächigste Typ ist. Aber ab und zu redet er trotzdem mal mit uns. (lacht) Natürlich gibt er uns Tipps und macht Vorschläge, was wir besser machen können. Er macht das gut, ich komme hervorragend mit ihm klar.

SPOX: Nutzen Sie - wenn Sigurdsson schon lieber schweigt - die erfahrenen Spieler im Kader als Ansprechpartner?

Wiede: Natürlich. Es schadet sicher nichts, sich mit einem Steffen Weinhold oder einem Carsten Lichtlein zu unterhalten. Vor allem Carsten hat schon was weiß ich wie viele Turniere auf dem Buckel. Er weiß einfach, wie man mit so einer Situation umgeht. Da hole ich mir schon den einen oder anderen Ratschlag ab. Beide sind in dieser Hinsicht bemüht, kommen auch von sich aus auf uns jüngere Spieler zu. Die Mischung in einem Team, also dass man auch ein paar ältere Spieler drin hat, die die Jungen führen, ist schon wichtig.

SPOX: Wenn der Bundestrainer nach dem Halbfinale befragt wird, blockt er immer sofort ab. Erst interessiert Ihn nur Ungarn, dann nur Russland. Zumindest Ihr Spieler könnt uns doch nicht erzählen, dass Ihr nicht einen Blick nach weiter vorne werft.

Wiede: Grundsätzlich hat Dagur Sigurdsson mit seiner Herangehensweise Recht. Die Partie gegen Russland ist das nächste Endspiel, eigentlich wie ein Achtelfinale. Wir müssen gewinnen, um im Turnier zu bleiben. Deshalb sind wir voll auf Russland fokussiert und lassen Dänemark komplett außen vor.

SPOX: Jetzt fangen Sie auch noch damit an.

Wiede: (lacht) Natürlich träumt man ein bisschen. Das ist ja auch erlaubt.

SPOX: Einverstanden. Dann lassen Sie uns über den kommenden Gegner sprechen. Was erwartet das DHB-Team gegen Russland?

Wiede: Wir haben uns vom Spiel der Russen gegen Schweden noch die erste Halbzeit in der Halle angeschaut. Da hat man gesehen, dass im Innenblock zwei riesige Tiere stehen. Die sind allerdings eher etwas langsamer. Wir werden also über unsere Schnelligkeit kommen müssen. Wenn wir das schaffen, rechne ich uns gute Chancen auf einen Sieg aus.

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SPOX: In diesem Fall würde das aktuelle Handball-Interesse in Deutschland weiter ansteigen. Was bekommt Ihr hier in Breslau von der Begeisterung in der Heimat mit?

Wiede: Eigentlich bekommen wir das nur über euch Journalisten mit. Das gilt zumindest für mich. Das mag aber auch daran liegen, dass ich nicht der Typ bin, der permanent in den Medien unterwegs ist. Aber klar: Wenn wir gute Leistungen bringen, fiebern die Menschen automatisch mit. Das wiederum ist gut für unsere Sportart. Wir hoffen, das hält noch über das Russland-Spiel hinaus an.

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