Tiger desolat - Kaymer bescheiden

Von Benedikt Treuer
Tiger Woods erlebte einen desaströsen Tag 1 bei der British Open
© getty

Martin Kaymer und Bernhard Langer sind nach einem vielversprechenden Start bei der 144. Open Championship im schottischen St. Andrews auf den Schlusslöchern der 1. Runde eingebrochen und verpassten dadurch eine bessere Ausganglage für die weiteren Turniertage. Marcel Siem sorgte aus deutscher Sicht für einen kleinen Lichtblick, während Tiger Woods das nächste Desaster ereilte. Top-Favorit Jordan Spieth wusste auf dem Old Course zu überzeugen - genauso wie zwei Namensvetter.

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Grinsen wollte Kaymer nach Abschluss der 18 Löcher auf dem Par-72-Kurs nur kurz. Zwar unterbot der Mettmanner mit seiner 71 den Platzstandard immerhin um einen Schlag, der Rückstand auf die Führenden war aber wieder einmal deutlich. Vielmehr war es der letzte Putt, der Kaymer Hoffnung schenkte: Aus zwölf Metern las er den Break des Putts perfekt und lochte an der 18 noch einmal zum Birdie ein, nachdem er an den vorherigen Löchern zwischenzeitlich eingebrochen war.

Kaymer startete gewohnt verhalten und verbuchte an Loch fünf sein erstes Birdie. Zuvor hatte sich bereits gezeigt, dass vor allem auf den einfachen ersten Neun einige Schläge gutzumachen waren. Durch seine zurückhaltende Spielweise verpasste es der Deutsche jedoch, ein besseres Ergebnis als -1 zu erzielen, bevor es auf die schwierigeren Back Nine ging.

Ein weiteres Birdie an der 10 sorgte nur kurzzeitig für Euphorie: An den Spielbahnen 13 und 17 folgten bittere Bogeys, die ein besseres Ergebnis als die 71 verhinderten - gemessen an seinen eigenen Ansprüchen und den Ergebnissen der Konkurrenz eigentlich zu wenig. Trotzdem strahlte Kaymer vorsichtigen Optimismus aus: "Das war eine solide Auftaktrunde. Es war ziemlich windig, so dass es nicht so leicht war, den Ball an die Fahne zu bekommen."

Langer mit Traumstart, Siem als Lichtblick

Noch besser als Kaymer startete Oldie Bernhard Langer in die Runde, der auf den ersten sechs Löchern überragende vier Birdies schoss. Die Hoffnung, dass sich Langer in der Spitzengruppe etablieren könne, zerschlug sich aber zeitnah: Nach dem Bogey auf der 7 folgten weitere Schlagverluste au den Löchern 13, 15, 16 und 17. Am Par-4-Loch 16 erlebte der Deutsche mit einem Doppel-Bogey den mentalen Tiefpunkt seiner Runde.

144. Open Championship: Spiethtacular? Oder völlig unmöglich?

Zuversichtlicher sollte Marcel Siem nach seiner 70er Runde sein. Auch er nutzte seine Birdie-Möglichkeiten auf den Front Nine und ging mit einem Ergebnis von -3 auf die hinteren Löcher. Dort ließ er einzig an der schweren 17 einen Schlag liegen, sodass er vom deutschen Trio mit der besten Ausgangslage in Runde zwei geht.

Johnson profitiert von guter Wetterlage

Die Führung nach Tag 1 übernahm der Amerikaner Dustin Johnson, der durch seine 65er Runde als alleiniger Führender in den Freitag startet. Johnson lieferte eine bogeyfreie Runde mit fünf Birdies und einem Eagle an der 5 ab. Nur einen Schlag hinter ihm verschaffte sich auch das Sextett Robert Streb, Retief Goosen, Paul Lawrie, Jason Day, Zach Johnson und Danny Willett eine starke Ausgangslage für die kommenden Tage.

Die Führungsgruppe profitierte dabei aber von den guten Wetterbedingungen vom Vormittag, als kaum Wind wehte und in St. Andrews angenehme Temperaturen herrschten. Von den vorderen Plätzen kämpfte sich einzig Zach Johnson durch die deutlich schwierigeren Bedingungen am Nachmittag. Umso höher ist seine 66 zu bewerten.

Nächstes Woods-Desaster

Unterdessen gingen die Leiden von Tiger Woods weiter: Ambitioniert gestartet, erwischte der ehemalige Weltbeste einen denkbar unglücklichen Auftakt in die Runde. Bogeys an den ersten beiden Löchern folgten weitere Schlagverluste auf den Bahnen 5, 7 und 10.

Woods haderte mit zunehmender Spielzeit immer mehr mit seinem Schwung, dem er zu keinem Zeitpunkt Stabilität verleihen konnte. Die Folgen waren große Streuung in den langen Bällen sowie ungewohnte Fehlputts auf den Grüns. Zwischenzeitlich schien den Amerikaner gänzlich der Glaube an sich selbst verlassen zu haben. Erst gegen Ende seiner 76er-Runde konnte ihm Flightpartner Jason Day ein Lächeln abringen - vielleicht war es Selbstironie.

"Ich bin so weit von der Spitze entfernt", klagte Woods nach der Runde. Seine Chancen, den Cut noch zu schaffen wusste er realistisch einzuschätzen: "Das Feld ist ganz dicht beisammen. Nur wenn am Freitag also schwierige Bedingungen herrschen und ich eine gute Runde spiele, bin ich am Wochenende noch dabei." Wo er diese hernehmen will, wusste er aber selbst nicht: "Das war tatsächlich entmutigend, und ich habe mich auch wirklich geärgert."

Spieth verschafft sich gute Ausgangsposition

Top-Favorit Jordan Spieth, der in diesem Jahr bereits vier Turniere für sich entscheiden konnte, knüpfte an seine Leistung aus der Vorwoche an, als er die John Deere Classic gewann. Den Druck, der ihm nach seinen beiden Major-Siegen beim Masters und der US-Open sowie durch das Fehlen von Rory McIlroy in der Öffentlichkeit auferlegt wurde, ließ er sich nicht anmerken.

Auf den ersten sieben Löchern notierte der 21-jährige Spieth bereits fünf Birdies, zu denen zwei weitere an den Löchern 11 und 18 hinzukamen. Einzig zwischen den Löchern 13 und 17, auf denen ihm zwei Bogeys unterliefen, legte der Amerikaner eine kleine Schwächephase ein.

Insgesamt war die Selbstverständlichkeit, mit der Spieth 81 Prozent der Fairways, 83 Prozent der Grüns und eine Vielzahl der ersten Putts traf, war wieder einmal beeindruckend. Mit seiner 67er Runde liegt er in Schlagdistanz zur Spitze und darf sich weiter Hoffnung machen, als erster Golfer seit Ben Hogan 1953 die ersten drei Majors der Saison zu gewinnen. "Daran habe ich aber zu keiner Zeit gedacht und werde es auch während des Turnierverlaufs nicht tun", versicherte Spieth vollen Fokus auf sein Spiel.

Insgesamt ist das Feld im vorderen Bereich aber noch sehr eng beisammen. 63 Spieler liegen unter Par, sodass am zweiten Tag noch fast alles möglich ist. Die Wetterverhältnisse werden wohl auch am Freitag einen entscheidenden Faktor darstellen.

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