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Doping: Neue Vorwürfe gegen Russland

SID
Joachim Löw fordert nach den neuen Vorwürfen ein gnadenloses Durchgreifen
© getty

Der russische Fußball gerät aufgrund konkreter Anschuldigungen von Sonderermittler Richard McLaren weiter unter Druck. Es geht unter anderem um Vertuschung. Bundestrainer Joachim Löw fordert umfassende Aufklärung und ein hartes Durchgreifen.

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WM-Gastgeber Russland sieht sich neuen Dopingverdächtigungen ausgesetzt und steht mehr denn je mit dem Rücken zur Wand: WADA-Sonderermittler Richard McLaren vermutet positive Dopingbefunde bei russischen Fußballern oder Manipulation der Proben.

"Unsere Schlussfolgerung: Es ist ein Vertuschungssystem entdeckt worden, es muss aber ein zweites im Fußball gegeben haben", sagte der Kanadier der ARD. Der Weltverband FIFA solle einen Sonderermittler einsetzen, für McLaren reichen die Indizien aus.

IOC-Präsident Thomas Bach zeigte sich nicht überrascht von den jüngsten Veröffentlichungen. "Das ist ein Zeichen der Arbeit, die die internationalen Verbände, und nicht nur die FIFA, jetzt zu leisten haben. Das ist die Aufarbeitung des McLaren-Berichts, für den die internationalen Verbände zuständig sind, während das IOC für die Vorkommnisse in Sotschi bei den Olympischen Winterspielen 2014 verantwortlich ist", sagte Bach in Berlin.

Joachim Löw forderte derweil gnadenloses Durchgreifen. "Ich möchte, dass die Institutionen, die auch uns immer testen, Namen nennen, wenn es denn so sein sollte. Dann darf das niemand unter dem Tisch halten. Wenn Spieler gedopt sind, gehören sie aus dem Verkehr gezogen und gesperrt", betonte der Bundestrainer am Mittwoch in Sotschi.

Löw verwies darauf, dass es sich zwar um "ein schwebendes Verfahren" handele und er "nichts beweisen" könne. Aber: "Wenn es so sein sollte, möchte ich bitte alle Namen in der Zeitung lesen, in der Öffentlichkeit hören. Dann möchte ich, dass die WADA oder FIFA oder wer auch immer die Tests vornimmt, Ross und Reiter nennen."

Reinhard Grindel erhöht den Druck

Und auch DFB-Präsident Reinhard Grindel erhöhte den Druck. Am Abend forderte er vor dem Training der DFB-Elf in Sotschi, die FIFA möge für Aufklärung sorgen. Entscheidend sei zudem, dass sie bei der WM 2018 alle Dopingkontrollen unabhängig von der Welt-Anti-Doping-Agentur durchführen lasse, "weil das ein Zeichen dafür wäre, dass sowohl die FIFA als auch das austragende Land Russland keinerlei Zugriff" auf die Proben hätten.

Die britische Zeitung Mail on Sunday hatte berichtet, dass die FIFA gegen den gesamten WM-Kader Russlands von 2014 ermittelt. Demnach soll in Erfahrung gebracht werden, ob auch das Fußball-Team von dem institutionellen Dopingsystem in Russland betroffen war. Die FIFA bestätigte, dass sie in enger Zusammenarbeit mit der WADA die im McLaren-Bericht genannten Vorwürfe gegen Fußballspieler untersuche, nannte aber keine Namen.

Von russischer Seite gab es am vergangenen Sonntag und Montag heftige Dementis. McLaren sieht jedoch Handlungsbedarf. "Es gibt noch 155 Proben, die nicht analysiert wurden. Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat sie beschlagnahmt. Das haben wir der FIFA gemeldet", äußerte der von der WADA eingesetzte Nordamerikaner im Ersten.

Hinweise auf manipulierte Urinproben

McLaren geht davon aus, dass diese Urinproben entweder manipuliert worden seien, um positive Tests zu verhindern, oder Dopingsubstanzen darin zu finden seien. Der Sonderermittler kommt zu dem Schluss, dass es für den russischen Fußball ein separates System der Vertuschung auffälliger Dopingtests gegeben habe: "Es gab offenbar eine Bank mit sauberem Urin - und diese Bank wurde offenbar für Fußballer genutzt."

Hinweise darauf würden sich beispielsweise im Mailverkehr russischer Funktionäre finden. "Deutlich über dem Grenzwert", soll ein anonymer Verfasser in einer Mail vom Juni 2015 geschrieben haben. "Dexamethason", ein verbotenes Stimulans, sei im Urin des männlichen Fußballers aus der ersten russischen Liga gefunden worden.

Es gehe um Probe '3878295'. McLaren stellt klar: "Nach unseren Informationen wurde versucht, diese Probe auszutauschen." Auf ARD-Anfrage reagierten weder der Weltverband FIFA noch die Europäische Fußball-Union (UEFA) oder der russische Verband und das russische Sportministerium.

34 Fußballspieler unter Doping-Verdacht

McLaren hatte in seinen beiden Berichten institutionell gestütztes Doping in Russland bewiesen. Insgesamt seien in der Zeit von 2011 bis 2015 über 1000 Sportler an dem Programm beteiligt gewesen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte nach dem ersten McLaren-Bericht zwei Kommissionen eingesetzt, die derzeit die Untersuchungen auswerten.

Neben den 23 Spielern Russlands sollen elf weitere Fußballer auf einer Liste von insgesamt 1000 Personen stehen, die mit Doping in Verbindung gebracht werden. Bislang waren Russlands Fußballer von konkreten Doping-Vorwürfen verschont geblieben. In Maxim Kanunnikow, Denis Gluschakow, Igor Akinfejew, Alexander Samedow, Dimitri Kombarow und Juri Schirkow standen sechs Spieler aus dem WM-Team von Brasilien auch im Kader für den Confed Cup.

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