"Die Schuhe sind ein modisches Statement"

Was will ich denn eigentlich? Das Angebot an Fußballschuhen ist mittlerweile enorm
© getty

Fußballschuhe sind heutzutage mehr als Kickstiefel, sie sind Statussymbole und modische Accessoires. Im Interview erklärt Joel Bagby, Global Footwear Product Manager der Firma Nike, die veränderte Bedeutung der Schuhe, die Herangehensweise seines Unternehmens und wagt einen Blick in die Zukunft.

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SPOX: Früher waren Fußballschuhe schwarz und in erster Linie zum Kicken da. Heute gibt es sie in allen möglichen Farben, ständig neue Modelle und sie sind ein modisches Teil des Gesamtprodukts eines Fußballers. Wie sehen Sie die veränderte Bedeutung von Fußballschuhen für Spieler?

Joel Bagby: Ich halte es für aufregend, was in den letzten 15 Jahren alles passiert ist. Im Bereich der Entwicklung von Fußballschuhen lagen große Potenziale, die ausgeschöpft wurden und immer noch werden. Allein die Entwicklung der letzten fünf Jahre beim Thema Gewichtsreduzierung ist verrückt.

SPOX: Welche Faktoren sind für die Spieler entscheidend in dieser Entwicklung?

Bagby: Die Schuhe sind heutzutage leichter, bequemer und passen besser. Darauf kommt es den Spielern an. Unser Hauptziel ist es, dass der Spieler sagt: 'Dieser Schuh hilft mir, mich besser zu fühlen und damit bessere Leistung zu bringen.'

SPOX: Welche Rolle spielt der modische Aspekt?

Bagby: Die Bedeutung von Mode hat sich in allen Bereich unseres Lebens verändert. Diese Entwicklung hat auch im Fußball Einzug gehalten. Farben sind das offensichtlichste Beispiel, hiermit lässt sich ein modisches Statement ausdrücken. Natürlich steht die Performance des Spielers im Vordergrund, aber alles, was wir als Unternehmen machen, dreht sich darum, dass sich die Spieler in ihren Schuhen wohlfühlen und bessere Leistung bringen. Dazu gehört auch der emotionale Teil. Wenn du dich gut fühlst und gut ausschaust, spielst du auch gut.

SPOX: Welchen Anteil haben die Spieler an der Entwicklung eines neuen Schuhs?

Bagby: Den Hauptanteil. Alles, was wir bei Nike machen, startet mit den Athleten. Als wir die Planungen für den neuen Nike Tiempo VII aufgenommen haben, haben wir mit ausgewählten Top-Profis wie Sergio Ramos, Gerard Pique, Andrea Pirlo, Antonio Rüdiger und Jack Wilshere gesprochen. Dazu kam das Feedback unserer Kunden auf dem Markt. Mit diesen Einblicken und Wünschen haben wir uns dann an den Tisch gesetzt und gesagt: Das sind die wichtigsten Dinge, das ist unsere Vision, lasst uns das neue Produkt machen.

SPOX: Wie lange dauert der Prozess von der Idee bis zur Umsetzung eines neuen Schuhs?

Bagby: In diesem Fall haben wir im Sommer 2015 begonnen, es hat also knapp zwei Jahre gedauert.

SPOX: Und wie viele Leute sind in diesem Prozess involviert?

Bagby: Unser Designer Vianney de Montgolfier hat den Schuh von oben bis unten entworfen, entwickelt von Senior Developer Gjermund Haugbro. Das ganze Projekt geht dann von einer kleinen Gruppe mit fünf Leuten über ein größeres Team mit 15 Leuten zu unserem globalen Team, das in den verschiedenen Bereichen mit dem Produkt zu tun hat. Das sind im Endeffekt also Hunderte.

SPOX: Sie haben die Spieler erwähnt, die am neuen Schuh entscheidend mitgewirkt haben. Es fällt auf, dass viele unterschiedliche Spielertypen dabei sind. Wie unterscheiden sich die Wünsche der Spieler je nach Position und wie wird das kombiniert?

Bagby: Die Spieler lieben den Tiempo aufgrund des Leders und wie sich der Schuh an den Fuß anpasst und damit bequem ist. Wir hören am häufigsten den Satz: 'Der Schuh liegt wie ein Verband an meinem Fuß.' Also wollten wir sicherstellen, dass wir den Schuh nicht entfremden. Denn genau das macht den Tiempo aus.

SPOX: Also ist es egal, dass Pirlo und Rüdiger einen komplett unterschiedlichen Spielstil pflegen, weil sie die speziellen Eigenschaften des Schuhs schätzen?

Bagby: Genau. Wenn man sich unsere Produkte anschaut, erkennt man diese unterschiedlichen Charakteristika. Beim Tiempo ist das Leder der Hauptdriver, die Grundlage für das Verhältnis der Spieler zum Schuh. Es geht um den Touch und die Kontrolle mit einem sehr natürlichen Gefühl am Fuß. Beim Mercurial ging es immer um Geschwindigkeit. Die Philosophie unseres Unternehmens ist es, mit unseren Schuhen, die Stärken des Spielers zu unterstützen und zum Vorschein zu bringen. Du kannst ein Flügelstürmer sein und den Mercurial tragen, genauso ein Außenverteidiger, aber auch Innenverteidiger, wenn Geschwindigkeit ein großer Teil deines Spiels ist. Es geht also nicht zwingend um die Position allein, sondern um die speziellen Eigenschaften des Spielers.

SPOX: Aufgrund der modischen Komponente: Ist es möglich, einen Fußballschuh zu entwickeln, der mit ein paar Handgriffen auch zu einem Sneaker umgebaut werden könnte?

Bagby: Das ist eine große Herausforderung. Ich glaube, es ist prinzipiell möglich, aber es ist sehr anspruchsvoll.

SPOX: Gibt es konkrete Pläne bei Nike?

Bagby: Möglicherweise...

SPOX: Wie sieht die Herausforderung konkret aus?

Bagby: Die richtige Mischung zu finden. Bei Sneaker steht wie bei allen Produkten im Bereich Lifestyle die modische Komponente im Mittelpunkt; du willst gut aussehen. Fußball ist in seiner Art und Weise von Natur aus brutal für den Schuh, für das Material. Die Herausforderung bei einem solchen Schuh ist es also, ihn so zu konstruieren, dass er nach jedem Tragen immer noch gut aussieht.

SPOX: Und wann sehen wir wieder mehr schwarze Schuhe auf dem Fußballplatz?

Bagby: Das ist eine gute Frage. Im Moment hört man von vielen Spielern: Schwarz ist heute das, was früher das neonfarbene Volt war. Etwas, das unter den ganzen anderen Farben heraussticht. Jede Entwicklung im Fußball ist wie ein Pendel, das mal in die eine und mal in die andere Richtung ausschlägt. Ich kann Ihnen sagen, wir schauen sehr genau auf die Farben unserer Schuhe und sind bereit, das zu produzieren, was die Spieler wollen.

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