Florian Neuhaus bei der U21-EM: Deutschlands heimlicher Schlüsselspieler

Von Robin Haack
Florian Neuhaus beim dritten Gruppenspiel gegen Österreich (1:1).
© getty

Spricht man dieser Tage über die deutsche U21-Nationalmannschaft, fallen vor allem die Namen Marco Richter und Luca Waldschmidt. Bei dem Hype um die Torjäger wird schnell übersehen, dass auch andere Spieler aus dem Team von Stefan Kuntz die EM-Bühne genutzt haben und starke Leistungen zeigen. Einer von ihnen: Florian Neuhaus, der heimliche Schlüsselspieler im Team.

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Wer Neuhaus kennt, weiß, dass er mit solchen Formulierungen wenig anfangen kann. "Ich google mich nicht selbst oder und suche Artikel über mich", macht er klar, als er in einer Medienrunde von SPOX und Goal auf seine öffentliche Wahrnehmung angesprochen wird. Nur manchmal schicke ihm sein Bruder lustige Schlagzeilen über ihn, erklärt er weiter.

Statt nach bärenstarken Leistungen gegen Dänemark und Serbien stolz zu sein, scheint es fast, als sei es ihm unangenehm, plötzlich im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen. In der Mixed Zone zeigt sich der gebürtige Landsberger zwar stets höflich, doch das Wort "wir" wird von ihm in nahezu jedem Satz benutzt. "Ich denke schon, dass wir zufrieden sein können. Wir haben zwei Spiele gewonnen und auch ich hatte meine Spielanteile und konnte zum Erfolg beitragen", sagt er.

Immer wieder impliziert Neuhaus, er wolle dem Team helfen und die Mannschaft habe es toll gemacht. Und natürlich hat er damit nicht unrecht, denn Fußball ist bekanntlich ein Mannschaftssport. Doch auch in der Mannschaft ragen einzelne heraus und sorgen dafür, dass das Kollektiv erfolgreich ist.

Florian Neuhaus: "Lasse lieber Leistungen auf dem Platz sprechen"

Obwohl er nicht zu den Lautsprechern im Team zählt, ist Neuhaus einer dieser Erfolgsgaranten. Gerade gegen die Serben zeigte er seine Klasse und war zusammen mit Mahmoud Dahoud der Dreh- und Angelpunkt im deutschen Spiel. Neben einer Torvorlage brachte er beispielsweise 89 Prozent seiner 72 Pässe an den Mann, machte die meisten Tacklings und kommt auf die meisten Zweikämpfe bei den DFB-Junioren. "Ich soll mich in den offenen Räumen bewegen, aufdrehen und Angriffe einleiten", beschreibt er seine Rolle, die er seit Monaten in beeindruckender Weise ausfüllt.

Weniger dominant als auf dem Rasen zeigt sich Neuhaus hingegen in der öffentlichen Eigenanalyse: "Ich lasse lieber meine Leistungen auf dem Platz sprechen", erklärt er seine ruhige und zurückhaltende Art. "Mir fällt es schwer, über mich zu sprechen. Ich weiß nicht, ob es mein Spiel verbessert, wenn ich mich hinstelle und sage, ich sei der Allerbeste. Das ist nicht meine Art."

Die Ruhe, die der ballsichere Mittelfeldspieler auf dem Platz ausstrahlt, überträgt sich auch auf seine Freizeit. Skandale oder Schlagzeilen über sein Privatleben sucht man vergeblich. "Ich habe einen wahnsinnig engen Kontakt zu meinen Eltern" betont er. "Meine Freunde sind noch die gleichen wie im Kindergarten. Ich glaube, ich bin jemand, der die Dinge sehr gut einschätzen kann. Das hilft mir, auf dem Boden zu bleiben."

Nur an der PlayStation hört das Understatement auf

Während einige seiner Mitspieler fast täglich auch Dinge aus ihrem Privatleben in den sozialen Medien teilen, ist Neuhaus bei Facebook, Instagram und Co. nur ganz selten aktiv. "Wenn ich Fußball spiele, liegt mein Fokus auf dem Platz", sagt er. "Ich habe mir viele Gedanken über Social Media gemacht und nutze es auch. Ab und zu kommt mal ein Post von mir, doch nicht in der Regelmäßigkeit wie bei anderen."

Einzig an der PlayStation hält der 22-Jährige nicht viel von Zurückhaltung, die er ansonsten strikt nach außen trägt. Zwischen den Einheiten und Spielen zockt Neuhaus in Italien unter anderem gegen Dahoud, Suat Serdar, Marco Richter und Felix Uduokhai. Angesprochen auf den besten FIFA-Spieler erklärt er mit einem Lachen: "Also ich habe während der EM noch kein Spiel verloren."

Florian Neuhaus träumt von der A-Nationalmannschaft

Gleiches gilt bekanntlich für die deutsche U21, die nach dem Remis gegen Österreich nur noch zwei Siege vom EM-Titel entfernt ist. Für Neuhaus wäre es nach der Zweitligameisterschaft mit Fortuna Düsseldorf 2018 das zweite Edelmetall in seiner Profikarriere. Geht es nach dem zentralen Mittelfeldspieler, sollen allerdings in den kommenden Jahren noch weitere hinzukommen. "Jeder Junge träumt davon, für die deutsche A-Nationalmannschaft zu spielen - auch ich. Und natürlich will ich eines Tages auch mal Titel gewinnen."

Noch gab es zwar keinen Kontakt zu Joachim Löw, doch wenn Neuhaus seine Rolle in der U21 und Mönchengladbach weiter derart souverän ausfüllt, scheint es eine Frage der Zeit, bis der Bundestrainer nicht mehr am 22-Jährigen vorbeikommt. Klappt dies nach dem Titel bei der U21-EM, könnte sich der zurückhaltende Mittelfeldmotor gleich zwei Träume erfüllen.