"Man kann uns mit dem BVB vergleichen"

Von Interview: Daniel Herzog
Ralph Krueger gehört seit 2014 dem Management-Team des FC Southampton an
© getty

Ralph Krueger ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender des FC Southampton. Am Sonntag treffen seine Saints im Finale des League Cup auf Manchester United (17.30 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) - für Krueger das größte Ereignis seit über 40 Jahren. Im Interview spricht der Southampton-Boss über das glorreiche Endspiel gegen die stärkste Marke der Welt, die Wichtigkeit einer Trophäe und wie die Saints in den kommenden Jahren Englands Top 4 angreifen wollen.

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SPOX: Herr Krueger, im September sagten Sie uns, der FC Southampton wolle in der Premier League auch in diesem Jahr eine Platzierung zwischen Rang sechs und acht erreichen. Nach etwa zwei Dritteln der Saison stehen Sie auf Platz elf. Wie fällt Ihr bisheriges Fazit aus?

Ralph Krueger: Ereignisreich! Also so, wie es in England eben ist. Wir haben zum ersten Mal in der Europa League mitgespielt, hatten einen tollen Run im League Cup, wo wir ebenfalls ausgezeichnete Spiele gezeigt haben. Die Premier League ist aufgrund so vieler Wettbewerbe leider etwas auf der Strecke geblieben. Wir sind nicht glücklich mit der Platzierung, können sie aber gut einordnen. Wir sind sicher, dass wir in den letzten 13 Spielen noch einmal einen Sprung in die obere Tabellenhälfte machen. Am schönsten ist für uns aber der Fakt, dass wir am Wochenende gegen Manchester United im League-Cup-Finale spielen. Das ist toll für die Entwicklung unseres Klubs. In der Gesamtheit sind wir also glücklich.

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SPOX: Im League Cup gelang gegen den FC Arsenal der Einzug ins Halbfinale. Dort wurde der FC Liverpool in zwei durchaus dramatischen Spielen rausgeworfen. Hätte es für Sie etwas ruhiger zugehen dürfen?

Krueger: (lacht) Dass man ab der 1. Runde nur gegen Premier-League-Mannschaften spielt, ist schon höchst unwahrscheinlich. Mit Crystal Palace, Sunderland, Arsenal und zweimal Liverpool hatten wir einen schwierigen Weg ins Finale, der uns auch viel Kraft gekostet hat, aber letztlich gibt uns das Mut fürs Finale gegen United. Die Erfahrungen, im Emirates und an der Anfield Road gewonnen zu haben, helfen uns jetzt weiter. Wir sind zwar nicht der Favorit, sehen aber trotzdem eine große Chance, mit dem Cup nach Hause zu fahren.

SPOX: Für Southampton ist es das erste Endspiel seit dem Sieg im unterklassigen Associate Members Cup 2010. Ist das League-Cup-Finale das wichtigste Spiel der vergangenen zehn Jahre?

Krueger: Definitiv! Wir hatten zuletzt drei tolle Jahre, sind in der Liga von Platz 14 auf acht, dann auf sieben und zuletzt auf Rang sechs gelandet. Viele sind glücklich mit dieser Entwicklung, allerdings gab es nie einen Tag, an dem wir richtig jubeln konnten. Es gab nicht diesen Tag, an dem man sich als Sieger feiern konnte. Wir betreiben den Sport, um zu gewinnen. Auch mal eine Trophäe in die Luft zu stemmen, bringt einem Verein viel mehr als eine Platzierung. Diese Chance wollen wir nutzen.

SPOX: Kommt Ihnen die Außenseiterrolle gegen Manchester United entgegen?

Krueger: Ich glaube, wir gehen ganz gut damit um. Wir hatten bislang eher Schwierigkeiten gegen die Gegner auf Augenhöhe. Das hat zuletzt nicht so geklappt, wie wir uns das wünschen. Gegen die Großen haben wir dieses Jahr viele gute Spiele gezeigt. Entsprechend wollen wir auch gegen United unseren Fußball zeigen und nicht nur hinten abwarten. Verbarrikadieren, wie es einige unserer Kontrahenten machen, werden wir uns nicht. Wir wollen vielmehr lernen, wie die Großen zu spielen. Deshalb wird es auch ein attraktives Finale. Wir brauchen aber sicher unsere beste Leistung.

SPOX: Werten Sie es als Vorteil, dass United zuletzt durch die Europa League einer größeren Belastung ausgesetzt war als ihr Team?

Krueger: Wir müssen es zu unserem Vorteil machen. Man darf aber nicht vergessen: Seit Mitte August haben wir die meisten Spiele in ganz Europa absolviert. Es gibt keinen Verein, der mehr Partien gespielt hat. Zudem sind wichtige Spieler bei uns verletzt. Wir wollen das Beste aus unserer Situation machen und schauen nicht so sehr darauf, was der Gegner macht. Das wird ein traumhafter Sporttag.

SPOX: Wie empfinden Sie den Mythos Wembley?

Krueger: Was bei diesen Cup-Finals im Wembley abläuft, ist einmalig. 42.000 Zuschauer in einer Farbe auf der einen Seite, 42.000 in einer anderen Farbe auf der anderen. Wembley ist historisch, das ist für unsere Fans sensationell! Für sie ist es wohl nicht nur das wichtigste Spiel der letzten zehn Jahre, sondern das wichtigste seit dem FA-Cup-Sieg 1976.

SPOX: Welche Bedeutung hätte der Titelgewinn für Southampton?

Krueger: Eine große! Die Spieler würden sich die Frage "Wie gewinnt man?" selbst beantworten und damit dieses Siegergen weiterentwickeln. Das würde uns sehr viel Mut für die Zukunft geben. Natürlich hätte der Sieg auch kommerzielle Vorteile, die sehen wir aber immer nur als Co-Produkt. Wir haben die Chance, weltweit noch mehr Fans zu gewinnen. Das ist wichtig, denn es ist unsere einzige Chance, in die Top 6 zu stoßen: mit einer großen Fanbase Southamptons Fußabdruck auf anderen Kontinenten zu hinterlassen. So oder so werden wir erst nach der Saison Zeit haben, das wirklich zu genießen, denn auf den Pokal folgt schnell wieder der Liga-Alltag.

SPOX: Wird das Finale, je nach Ausgang, auch den weiteren Verlauf der Saison beeinflussen?

Krueger: Ja, ganz klar. Wir haben in der Premier League noch alle sechs Top-Gegner. Das ist kein leichter Spielplan. Trotzdem wollen wir wieder in die Europa League. Durch den Pokalsieg hätten wir diesen festen Platz in Europa sicher. Und es würde uns für den Rest der Saison extrem motivieren. Es gibt genug Klubs, die negativ über die Europa League sprechen. Für uns ist sie aber genau richtig. Dort können wir uns weiterentwickeln. Entsprechend gibt es in diesem Finale für uns viele kleine Siege zu erringen.

SPOX: Die Philosophien der beiden Vereine sind recht unterschiedlich. Während Sie Jahr für Jahr Ihre Leistungsträger ziehen lassen müssen, kauft United regelmäßig Superstars teuer ein.

Krueger: Wir arbeiten mit ganz anderen Mitteln. Manchester United ist die größte Fußball-Marke auf der Erde mit einem Umsatz von über einer halben Milliarde Pfund. Wir fokussieren uns darauf, jungen Spielern Fußball beizubringen und sie spielen zu lassen. Entsprechend sind wir stolz darauf, in unserem Team immer auch Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu haben. Auch, wenn wir sie vielleicht nach einigen Jahren verlieren. United hat große Ziele und sollte mit seinem Budget eigentlich besser dastehen. Sie schöpfen ihr Potenzial im Moment nicht voll aus. Vielleicht kann man uns eher mit Borussia Dortmund vergleichen, der FC Bayern Englands ist eher Manchester United. Sie können von oben herab alles kaufen, was sie wollen.

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