Das Ein-Mann-Imperium kehrt zurück

Von Mario Krischel
David Beckham ist vor allem für seine Optik sehr beliebt als Werbeträger
© getty

David Beckham war einer der besten Fußballer seiner Generation und schon zu aktiven Zeiten sehr viel mehr als nur das. Trotz seines Popstar-Images wollte der 42-Jährige stets nur als Sportler gesehen werden und ist jetzt dabei, genau das wieder zu erreichen.

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Es braucht schon mehr als nur ein Flugzeug, um Regionen auf diesem Kontinent zu erforschen, in denen das Gesicht von David Beckham nicht zugeordnet werden kann. Zu empfehlen wäre ein Boot, denn laut einer kürzlich erschienenen Dokumentation führt die Reise in die tiefsten Täler des Amazonasgebiets, zum Beispiel ins Vale do Javari, einem Indianerreservat von der Größe Portugals.

Dass sie sich dort im Westen Brasiliens keinen Reim auf Beckham bilden können, verwundert nicht all zu sehr, denn bislang wissen die wenigen Weißen, die überhaupt den Zutritt in die Wälder erhalten, noch gar nicht, wie sie dauerhaft mit dem indigenen Volk kommunizieren sollen. Die Sprache der Indianer ist nicht zu verstehen, deswegen erfolgte der Austausch bisher über Gesang.

Überall sonst auf der Welt kennt man Beckham. Selbst in den ärmsten Regionen Ostafrikas, wo der tägliche Kampf gegen den Hunger eigentlich an oberster Stelle steht. Das überrascht hingegen nicht so sehr, denn besonders an diesen Orten ist Beckham oft zugegen, um sich mit Unicef um die benachteiligten Menschen zu sorgen.

Diese Aufgabe ist für ihn nicht neu, schon zu aktiven Zeiten unternahm der Ex-Fußballer regelmäßige Besuche in die Entwicklungsländer. 2007, noch vor seinem Wechsel nach Los Angeles, ließ er sich auch offiziell als Botschafter eintragen. In diesem Jahr gründete er anlässlich des zehnjährigen Jubiläums seinen eigenen Fonds "7", um Spendengelder zu sammeln.

Der Fußballer Beckham wird schnell vergessen

Beckham machte nie ein Geheimnis daraus, fernab des Geschäfts rund um den Ball Interessen und Berufe zu verfolgen. Viele warfen es ihm damals vor, dass der Fußball im Grunde nur eine Nebenbeschäftigung für ihn gewesen sei.

Trotzdem wiederholte er mehrfach den Wunsch oder die Hoffnung, "dass mich die Leute als hart arbeitenden Fußballer in Erinnerung behalten, der immer alles für sein Team gegeben hat". Und der immerhin als erster englischer Profi in vier verschiedenen Ländern die Meisterschaft gewonnen hat. Und in dessen Vitrine irgendwo in irgendeinem seiner Anwesen in London, L.A. oder Miami auch die Champions-League-Trophäe verstaubt.

Man sollte es gerade dem weiblichen Publikum nachsehen, wenn es genau diesen Wunsch nicht erfüllen kann. Besonders dann nicht, wenn es Beckham noch wenige Momente vorher in Unterhose durch Südkalifornien hat rennen sehen. So geschehen im aufsehenerregenden Werbesport für die eigens kreierte H&M-Unterwäschekollektion.

Dass sich Beckham zu mehr berufen fühlte als nur der Fußballer zu sein, der mit 14 Jahren den ersten Vertrag bei seinem Kindheitsverein Manchester United unterzeichnete, stellte sich schon vor seinen ersten Gehversuchen im Old Trafford heraus, obwohl er da selbst noch gar nicht viel für konnte. Damals war er sein für Boulevardblätter "niedlicher" Londoner Akzent und das für 90er-Verhältnisse relativ anschauliche Äußere, gepaart mit einem noch schüchternen Auftreten ohne Tattoos.

On a cold rainy night in Manchester

Er bekam schnell eine Vorstellung davon, was abseits des Rasens möglich sein könnte. PR-Experte Alan Edwards blickte für GQ mal an einen Abend im Jahr 1994 zurück, an dem Beckham ihn zu sich ins äußere Manchester eingeladen hatte und "Probleme hatte, eine Dose Bohnen zu öffnen". An einem Ort, der "nicht unbedingt das Four Seasons war".

Doch das war nicht entscheidend, denn wie Beckham ihm seine Zukunft und die Zukunft des Fußballs präsentierte, war "faszinierend" und "einer dieser unscheinbaren Momente, in dem dir klar wird, dass du gerade einer besonderen Form des Genies gegenübersitzt".

An diesem verregneten Abend habe Beckham über Frauenfußball gesprochen, über Amerika als nächsten großen Markt und darüber, dass er gegen Rassismus und Homophobie einstehen wolle. Dann wollte er noch kurz einen Rat über ein kleines Fotoshooting, nichts Besonderes.

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Aus einem kleinen Fotoshooting wurden jedoch schnell mehrere, zum Teil größere. Und als 1997 seine Beziehung zu Spice Girl Victoria Adams ans Licht kam, war die Schwelle schon überschritten. Fortan war Beckham, der Victoria zwei Jahre später heiratete und Sohn Brooklyn Hunderten von Medienvertretern vor der Klinik präsentierte, keinesfalls nur noch der Fußballer.

Obwohl er mit United schon neun Titel eingesackt hatte, rückte Beckham im Grunde nur noch aufgrund seines Privatlebens in den Fokus. Er war längst eine Ein-Mann-Marke und wurde unaufhaltsam zu einem der größten Stars weltweit. Egal in welcher Garderobe und mit welchem Haarschnitt, Beckham setzte Trends, die jeder zu kopieren versuchte. Frauen vergötterten ihn und Männer wollten so sein wie er. Die Elle platzierte ihn als ersten Mann überhaupt auf ihrem Cover.

Die Kritik machte ihn wieder normal

Er war schon damals und ist noch immer "die Fashion-Ikone der Männer, zweifellos die Nummer eins der Welt", wertete kein geringerer als Tommy Hilfiger. Die Sponsoren überschlugen sich mit Offerten, von denen Beckham viele offenbar nicht ablehnen konnte, denn zu Beginn des 21. Jahrhunderts war er der meistgesponserte Athlet weltweit. Adidas, Pepsi, Vodafone, Siemens und Gilette waren nur sehr wenige der Unternehmen, die Beckham als Aushängeschild ihrer neuen Kampagnen präsentierten. Und natürlich sprangen auch Giorgio Armani und Co. auf den Zug auf.

Auf dem Platz hingegen lief trotz seiner einzigartigen Freistöße nicht alles rund. 1998, als sich Beckham bei der WM gegen Argentinien einen Ausraster leistete und vom Platz flog, machten ihn Fans und Medien für das Ausscheiden Englands verantwortlich. In der Fußball-Welt des Vereinigten Königreichs erfuhr der damals 23-Jährige zum ersten Mal heftigen Gegenwind, sollte es aber wieder gut machen mit seinem Freistoß-Tor zum Ausgleich im entscheidenden Qualifikationsspiel 2002 gegen Griechenland, um England in letzter Sekunde doch noch ein Ticket für die Endrunde in Japan und Südkorea zu besorgen.

Mit Auszeichnungen als Englands Sport-Persönlichkeit des Jahres 2001, dem britischen Verdienstorden als Order of the British Empire 2003 oder Großbritanniens globaler Botschafter 2007 rückte der Fußballer jedoch oft wieder in den Hintergrund. Zu oft war Beckham auch zu den Sendezeiten zu sehen, zu denen die Dame den Herr endlich vom Chefsessel verdrängt hatte. Selbst Kinder lernten ihn schnell kennen, seinen Kurzauftritt als Zeichentrick-Figur bei Scooby-Doo konnte er sich jedoch selbst nicht erklären.

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