EM

Griezmann schießt Deutschland raus!

Deutschland ist gegen Frankreich ausgeschieden
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft ist bei der Europameisterschaft in Frankreich ausgeschieden! Gegen den Gastgeber setzte es in Marseille eine 0:2 (0:1)-Niederlage. Antoine Griezmann entschied die Partie.

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Vor 64.000 Zuschauern im Stade Velodrome in Marseille erzielte Antoine Griezmann in der Nachspielzeit der ersten Hälfte per Elfmeter die Führung für Frankreich (45.+2). Vorausgegangen war ein Handspiel von Bastian Schweinsteiger.

Nach der Pause entschied Griezmann die Partie mit seinem zweiten Treffer (72.). Es waren seine Tore fünf und sechs bei dieser EM. Frankreich blieb mit dem Sieg zum 18. Mal in Folge bei großen Turnieren auf heimischem Boden unbesiegt.

Frankreich trifft im Finale am Sonntag im Pariser Stade de France um 21 Uhr auf Portugal, das sich bereits am Mittwoch 2:0 gegen Wales durchgesetzt hatte. Damit hat Frankreich die Chance, beim dritten Turnier im eigenen Land den dritten Titel zu holen.

Mit seinem 38. Einsatz bei WM- und EM-Turnieren stieg Schweinsteiger zum weltweit alleinigen Rekordspieler auf. Jerome Boateng musste verletzungsbedingt ausgewechselt werden.

Die Reaktionen:

Joachim Löw (Bundestrainer): "Ein Riesenkompliment an die Mannschaft. Wir haben besser gespielt als der Gegner, waren feldüberlegen. Ich glaube, dass wir ein Klassespiel gemacht haben. Die Mannschaft ist dominant aufgetreten. Die Franzosen waren ängstlich, wir haben dominiert. Wir haben kein Tor gemacht, aller Spieler sind riesig enttäuscht. Wir hatten heute nicht das Glück auf unserer Seite. Ich kann keinem einen Vorwurf machen. Die Regel ist wahnsinnig schwierig zu interpretieren. Es ist eine unglückliche Situation. Wenn so ein Spieler wie Boateng verletzt raus muss, ist das für die Mannschaft schlecht."

Didier Deschamps (Trainer Frankreich): "Ich freue mich für die Spieler, weil sie es verdienen. Wir haben ein großes Team. Als wir zum Stadion gefahren sind, haben wir die Fans gesehen. Die Begeisterung war Wahnsinn. Am Sonntag wird sie noch größer sein. Ich habe immer an meine Spieler geglaubt, sie haben diesen Sieg verdient."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Löw muss gegenüber dem Viertelfinale gegen Italien dreimal wechseln. Gomez und Khedira fehlen verletzt, Hummels gelbgesperrt. Dafür beginnen Schweinsteiger, Draxler und Can.

Deschamps nimmt bei den Franzosen im Vergleich zum 5:2 über Island keine Änderungen vor.

7.: Erste Riesenchance für die Gastgeber! Griezmann kombiniert sich links viel zu einfach mit Payet durch die deutsche Abwehr und kommt dann zentral aus 13 Metern zum Abschluss. Er bekommt nicht richtig Druck dahinter, Neuer muss trotzdem schnell unten sein, um den Ball aus dem linken Eck zu fischen.

14.: Can zwingt Lloris zu einer ganz starken Parade! Über Özil links kommt der Ball an die Sechzehner-Linie, wo Can mit links volley abschließt. Sein Aufsetzer ist brandgefährlich, Lloris hechtet gerade rechtzeitig in die Ecke.

21.: Kroos geht mit Tempo in die Spitze und spielt den Doppelpass mit Müller. Kroos rennt alleine Richtung Strafraum, wird beim Schuss aber leicht berührt und trifft den Ball nicht richtig. Rizzoli pfeift nicht - korrekte Entscheidung.

26.: Deutschland spielt den Ball mehrfach gefährlich um den Strafraum, am Ende versucht es Schweinsteiger aus gut 20 Metern mit dem Schlenzer. Lloris muss sich lang machen und lenkt den Ball über die Latte.

42.: Haarsträubender Fehler von Boateng, der den Ball knapp hinter der Mittellinie im Luftduell an Giroud verliert. Der Franzose rennt alleine auf Neuer zu - Höwedes sprintet hinterher und grätscht gerade noch in den Schuss. Weltklasse vom Schalker!

45.+2, 0:1, Griezmann (HE): Nach einer Flanke will Schweinsteiger mit dem Kopf zum Ball, trifft ihn aber mit der Hand- Elfmeter. Griezmann verwandelt sicher links.

47.: Griezmann spielt im Strafraum den Doppelpass mit Giroud und schließt dann scharf ab. Boateng hat den Fuß in letzter Sekunde noch dazwischen - Ecke.

61.: Wie bitter! Boateng verletzt sich bei einem langen Ball ohne Fremdeinwirkung. Er humpelt, gestützt von den Physios vom Feld. Mustafi kommt.

72., 0:2, Griezmann: Nach einer Flanke von links versucht Neuer, beim Herauskommen den Ball noch wegzuboxen, ist aber einen Schritt zu weit weg und legt die Kugel Griezmann vor die Füße. Der spitzelt ihn vor Schweinsteiger ins Tor.

74.: Kimmich zieht von der rechten Seite nach innen und schließt dann aus der zweiten Reihe ab. Sein Schuss klatscht an den linken Außenpfosten.

76.: Kroos haut einen Freistoß aus 25 Metern einen halben Meter rechts am Tor vorbei.

79.: Ein Freistoß aus dem linken Halbfeld landet am langen Pfosten beim gerade eingewechselten Sane. Der ist völlig überrascht und stolpert den Ball knapp links am Tor vorbei.

90.+1: Nach einer Flanke köpft Kimmich neben den rechten Pfosten, Lloris hält überragend!

Fazit: Deutschland beendete Frankreichs emotionalen Überschwang nach gut zehn Minuten und kontrollierte die Partie phasenweise herausragend. Schweinsteigers Handspiel und Boatengs Verletzung stärkten Frankreich extrem - und schwächten das DFB-Team entscheidend.

Der Star des Spiels: Antoine Griezmann. Bewies nun auch in einem ganz großen Spiel, warum er Frankreichs Hoffnungsträger schlechthin ist. Strahlte in jeder Aktion Gefahr aus, fast alle gefährlichen Szenen der Gastgeber liefen über ihn. Übernahm beim Elfmeter Verantwortung und stand beim 2:0 noch einmal goldrichtig.

Der Flop des Spiels: Thomas Müller. Das Spiel passte komplett zu seiner gesamten EM-Performance. Bemüht, aber gänzlich ohne Erfolg. Monierte viel, weil nichts zusammenlief. Kam nicht in Abschlusssituationen und verstolperte einige Male den Ball.

Der Schiedsrichter: Nicola Rizzoli (Italien). Richtig, in der 2. Minute nicht auf Handspiel von Can zu entscheiden - ebenso war die Berührung gegen Kroos auch kein Elfmeter (21.). Dafür aber das Handspiel von Schweinsteiger. Leitete die Partie sehr gut.

Das fiel auf:

  • Löw wechselte das System zu dem bereits bei der WM in der K.o.-Phase erfolgreichen 4-3-3, wenngleich deutlich abgewandelt. Das bedeutete: Wieder kein Platz für Götze, Löw entschied sich für Can als dritten Mittelfeldspieler. Schweinsteiger agierte dabei als direkter Abräumer vor der Abwehr, Müller nahm den Platz vorne in der Spitze für Gomez ein.
  • Deschamps wählte mit dem 4-2-3-1 mit Pogba und Matuidi auf der Doppel-Sechs wieder das System, das noch gegen Irland und dann auch gegen Island erfolgreich war. Rami kehrte nach abgesessener Gelbsperre nicht zurück ins Team, Barcas Neuzugang Umtiti behielt den Platz in der Innenverteidigung neben Koscielny.
  • Deutschland baute das Spiel aus einer Dreierkette heraus auf. Schweinsteiger ließ sich dafür zwischen Höwedes und Boateng fallen. Kroos bildete das Mittelfeldzentrum als Schaltspieler, alle anderen Spieler agierten davor. Kimmich und Hector schoben weit auf, Can und Özil machten Wechselbewegungen in den offensiven Halbräumen. Müller und Draxler agierten sehr zentral, da die Außenverteidiger so hoch standen. Das sah oft nach einer Art 3-1-6 aus.
  • Deutschland schaffte es - nach etwa zehn Minuten - die anfängliche Euphorie, getragen von den Fans, aus dem französischen Spiel zu nehmen und seinerseits das Spieltempo zu bestimmen. Die Bewegung zwischen den französischen Ketten war sehr gut. Immer wieder war ein deutscher Spieler für die Aufbauspieler anspielbar, sodass das DFB-Team den Ball phasenweise minutenlang rotieren ließ.
  • Frankreich hatte eine auffällig hohe Fehlerquote im eigenen Spiel. In der ersten Hälfte landete jeder fünfte Ball beim Gegner. Das lag vor allem daran, dass Deutschland die Räume in der eigenen Hälfte extrem klein hielt. Das DFB-Team verteidigte im 4-4-2, wenngleich gerade bei hohen Eröffnungen der Franzosen oft auch ein 5-4-1 daraus wurde.
  • Die Franzosen schafften es nach der Pause besser, Druck auf den ballführenden Deutschen zu bekommen. Das DFB-Team versuchte, das durch viele hohe Seitenwechsel auf die Flügel zu umgehen. Das klappte vor allem nach Boatengs Auswechslung nicht mehr.

Deutschland - Frankreich: Die Statistik zum Spiel

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