EM

Ballgewinn und ab die Post

Von SPOX
Cristiano Ronaldo erzielte drei Tore auf Portugals Weg ins Finale
© getty

Am Sonntag treffen Portugal und Frankreich im Finale der EM 2016 aufeinander (21 Uhr im LIVETICKER). In welchen Mannschaftsteilen ist Portugal anfällig? Wo ist Frankreich besonders stark aufgestellt? Was macht der X-Faktor Cristiano Ronaldo? In Zusammenarbeit mit dem Institut für Fußballmanagement macht SPOX den Check.

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Wie ist Frankreich zu erwarten?

Taktisch wird Deschamps die Equipe Tricolore im Finale wohl wie im Halbfinale in einem variablen 4-2-3-1 ins Rennen schicken, das sich situativ zu einem 4-4-2 oder 4-3-3 verändert. Aus dieser Grundordnung heraus lassen die Franzosen den Gegner gewöhnlich im eigenen Drittel ohne Druck kombinieren.

"Es ist zu erwarten, dass die Franzosen - ähnlich wie gegen Deutschland - im Mittelfeldpressing agieren, also nicht wirklich früh den portugiesischen Spielaufbau stören", analysiert Alexander Schmalhofer, Leiter des Fachbereichs Spiel-und Taktikanalyse des Instituts für Fußballmanagement.

Dabei zeichnet den Gastgeber im bisherigen Turnierverlauf besonders seine Variabilität aus: Mal überrennen die Franzosen ihren Gegner in der Anfangsphase förmlich, mal beginnen sie verhältnismäßig zurückhaltend - ein permanentes und aggressives Pressing tief in Portugals Hälfte werden die Fans aber wohl nicht zu sehen bekommen.

Allerdings muss sich Frankreich nach dem Halbfinale umstellen, denn im Endspiel wird unseren Nachbarn wohl oder übel die Aufgabe zufallen, das Spielgeschehen selbst zu gestalten. Anders als noch gegen das DFB-Team. "Portugal darf sich darauf einstellen, dass Frankreich im Ballbesitz mit zwei sehr offensiven Außenverteidigern agieren wird", sagt Schmalhofer.

Eben in diesen Phasen kommt Frankreichs Variabilität vollends zur Geltung: Zeitgleich rücken die Flügelspieler nach innen, im Wechsel mit Antoine Griezmann verändern sie dann im Zentrum immer wieder die Positionen.

Zusätzlich wartet Giroud nicht nur im Sturmzentrum auf Zuspiele, sondern lässt sich situativ ins Mittelfeld fallen, um dort als Wandspieler zu agieren oder um einen gegnerischen Innenverteidiger aus der Abwehrkette zu locken. So öffnen sich Räume, in die wahlweise Dimitri Payet oder Griezmann hineinstechen. Dank dieser hohen Laufbereitschaft ist die Offensivabteilung der Franzosen kaum auszurechnen.

Hinzu kommt die herausragende individuelle Qualität, wobei in erster Linie natürlich Griezmann zu nennen ist. Mit sechs Treffern hat er nicht nur maßgeblichen Anteil am Finaleinzug seiner Farben, sondern steht nebenbei schon so gut wie sicher als Torschüzenkönig fest. "Er bringt das ganze Team voran", fasste Deschamps den Stellenwert seines Ausnahmestürmers vor dem Finale treffend zusammen.

Aber nicht nur Griezmann glänzt bei der Heim-EM, vielmehr ist der Kader mit Blaise Matuidi, EM-Held Dimitri Payet, Olivier Giroud und Paul Pogba gerade nach vorne hin vielversprechend bestückt. In der Defensive sind Hugo Lloris im Tor, Patrice Evra und Bacary Sagna auf den Außenverteidiger-Positionen und Laurent Koscielny im defensiven Zentrum gesetzt.

Besonders Pogba genießt bei der Nationalmannschaft eine Ausnahmestellung, denn der 23-Jährige fungiert als zentraler Akteuer und ist der Schlüsselspieler im Mittelfeld. Selbst unter Bedrängnis wird das Juve-Juwel bedient und eröffnet das Spiel im Anschluss mit langen Pässen hinter die gegnerische Viererkette.

Selbst wenn der Plan A der Franzosen nicht greift, kann Deschamps reagieren und aus einem großen Topf an Alternativen schöpfen. Wählt er - wie es anzunehmen ist - die gleiche Startelf wie gegen Deutschland, ist die Bank mit Anthony Martial, Morgan Schneiderlin, Yohan Cabaye, Andre-Pierre Gignac, N'Golo Kante und Kingsley Coman prominent besetzt.

Zusätzlichen Rückenwind dürfen sich die Franzosen von den Fans erhoffen. Schien der Druck der öffentlichen Erwartungshaltung die Mannschaft zu Beginn des Turniers noch zu lähmen, so wirkt sie inzwischen längst positiv beflügelt.