Champions-League-Taktikkolumne von Fabian Hürzeler: Schalke back to the roots

Von Fabian Hürzeler
Schalke und Porto trennten sich zum Auftakt der Champions-League-Saison 1:1
© getty

Fabian Hürzeler ist eines der größten Trainertalente im deutschen Fußball. In der vergangenen Woche hat SPOX den 25-Jährigen im Interview vorgestellt. Hürzeler wird in dieser Saison ausgewählte Highlight-Spiele der Champions League (heute u.a. Schachtjor vs. Hoffenheim und Real vs. Roma live auf DAZN ) für SPOX unter die Lupe nehmen. In der ersten Folge der Taktikkolumne geht es um die Nachbereitung von Schalkes Remis gegen Porto.

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Schalke mit altbekannten Tugenden

Zu Beginn merkte man Schalke die Verunsicherung als Resultat der letzten erfolglosen Spiele deutlich an. Jedoch legten die Königsblauen viel Wert auf die Tugenden, die sie in der vergangenen Saison stark gemacht haben. Sie arbeiteten sehr gut gegen den Ball und ließen dem Gegner wenig Raum bzw. setzten die Portugiesen bereits sehr früh unter Druck, um keinen kontrollierten Spielaufbau zuzulassen. Zudem provozierten sie Fehler von Porto, die sich im Laufe des Spiels häuften und warteten geduldig auf ihre Möglichkeiten, schnelle Konter zu spielen. Um es vorwegzunehmen: Die Standardstärke von Schalke spielte in diesem Spiel leider keine tragende Rolle.

Porto spielte in einem 4-3-3-System. Schalke hingegen in einem 5-3-2 mit einem klaren Sechser und einer Fünferkette, die immer wieder je nach Ballseite zu einer Viererkette wurde. Auffallend war bei Schalke, dass die Außenverteidiger Schöpf und Caligiuri die gegnerischen Außenverteidiger sehr hoch angelaufen sind.

Es wurde versucht, das Zentrum zu schließen und auch die Innenverteidiger wurden immer wieder sehr früh von den Stürmern Uth und Embolo angelaufen, sodass Porto es schwer hatte, einen flachen Spielaufbau durchzuführen. Speziell die beiden Stürmer mussten ein sehr laufintensives Spiel betreiben, da sie immer wieder dem gegnerischen Sechser zur Ballseite gefolgt sind.

Anfänglich spielte Porto viele hohe Bälle auf ihren Stoßstürmer Aboubakar (9). Dieser wurde aber erfolgreich von den Innenverteidigern Naldo und Sane bekämpft. Schalkes Offensivspiel war sehr einfach zu durchschauen. Sie spielten meist einen langen Ball in den Rücken der Abwehr auf Embolo und Uth oder versuchten, mit viel Personal den zweiten Ball zu erobern. Die beiden 8er Serdar und McKennie boten sich kaum für eine flache Passoption in den Zwischenräumen an, sondern versuchten, auch aus dem Mittelfeld die Tiefe zu belaufen bzw. die Stürmer für den Gewinn des zweiten Balles zu unterstützen .

Einen flachen kontrollierten Spielaufbau bekamen die Zuschauer von Schalke selten zu sehen, obwohl dieser immer wieder über den alleinigen Sechser Bentaleb (durch eine Dreiecksbildung IV - 6er - AV) und über eine bessere Positionierung der Außenverteidiger möglich gewesen wäre.

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© DAZN

Doppelt besetzte Flügel und gutes Anlaufen im 4-3-3

Im Laufe der ersten Halbzeit positionierten sich die Außenverteidiger von Porto immer tiefer, sodass die Wege für die Außenverteidiger von Schalke immer länger wurden und auch das Durchrücken der Innenverteidiger somit immer weiter wurde. Schalke gelang das nicht immer, sodass sich die offensiven Außenstürmer (speziell Brahimi) immer wieder in eine offene Stellung bringen und Porto sich somit durch das Mittelfeld von Schalke kombinieren konnte. Durch die doppelt besetzten Außenbahnen brachte Porto sehr viel Breite ins Spiel, womit Schalke durchaus Probleme hatte. Gegen Ende der ersten Halbzeit bekam Schalke aber auch dieses Problem in den Griff.

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© DAZN

Wenn Schalke den Ball hatte, wurden die Innenverteidiger immer wieder sehr mannorientiert von den gegnerischen drei Offensivspielern angelaufen. Die Außenverteidiger (speziell Caligiuri) standen deutlich zu tief und konnten stets in den Deckungsschatten gestellt werden, sodass die Außenbahnspieler von Porto den Innenverteidiger sowie den Außenverteidiger von Schalke verteidigten.

Eine Lösung wäre gewesen, den Außenverteidiger höher zu schieben, um den Außenverteidiger von Porto in Probleme zu bringen, da dieser entweder durch den Achter oder den Stürmer gebunden war. Zudem wäre es durchaus möglich gewesen, sich hinter dem gegnerischen Außenstürmer ins Zentrum zu bewegen, um eine weitere flache Passoption für die Innenverteidiger zu sein.

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© DAZN

Das Überlappen einer Seite

Nachdem Schalke gegen die doppelt besetzten Flügel eine gute Lösung gefunden hatte, indem sie allgemein ein wenig tiefer standen und die Außenverteidiger nicht mehr ganz so hoch in der gegnerischen Hälfte angelaufen sind, fand Porto eine Antwort. Sie versuchten, eine Seite zu überlappen und speziell die Achter von Porto bewegten sich nach außen, um in den Rücken der Außenverteidiger von Schalke zu kommen.

Dadurch kreierten sie eine Überzahl im Halbraum bzw. auf den Außenbahnen, sodass sie sich immer wieder im letzten Drittel vor der Abwehrkette von Schalke in eine offene Stellung bringen konnten und Schalke dann meist zu einem Foulspiel gezwungen wurde.

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© DAZN

Portos Fehler und die Drangphase von Schalke

Schalke hatte seine beste Phase kurz nach der Halbzeit. Auch bedingt durch die zunehmenden Fehler von Porto, das sehr unkonzentriert wirkte in diesen Minuten. Zudem konnte Porto die Tiefenläufe von den Stürmern sowie von den Achtern von Schalke nicht mehr so gut verhindern wie in der ersten Halbzeit, da die Tiefe nun meist hinter dem gegnerischen Außenverteidiger belaufen wurde und nicht mehr hinter den Innenverteidigern.

Das brachte Schalke durchaus Mut und Selbstvertrauen zurück. Die Schalker spielten nun auch mehr die Diagonalbälle, was auch in der ersten Hälfte viel öfter möglich gewesen wäre, und schafften es zunehmend, die Außenverteidiger mit in das Spiel einzubeziehen. Das Tor fiel jedoch nach einer sehr guten Umschaltaktion nach einem Ballgewinn in der eigenen Hälfte. Auch dieses Tor war ein Beleg dafür, dass Schalke wieder auf seine Tugenden der vergangenen Saison setzen will. Porto fand in dieser Phase keine Lösung, um dagegenzuhalten und wurde folgerichtig mit dem Gegentor bestraft.

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© DAZN

Schalke zu passiv und Freigeist Brahimi

Nach der Führung für Schalke änderte sich das Spiel deutlich. Porto wurde wieder aktiver, die Schalker ließen sich dagegen zu tief hinten reindrücken. Sie schafften es nicht mehr, Entlastungsangriffe konsequent zu fahren - der Druck von Porto wurde größer.

Speziell Brahimi bewegte sich nun meist von der Außenbahn in das Zentrum und war für das Mittelfeld von Schalke nicht mehr zu greifen. Die Portugiesen hatten somit einen Mann mehr im Mittelfeld, Schalke kam nicht mehr so griffig in die Zweikämpfe wie vor der Führung.

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© DAZN

Fazit

Es war ein Spiel, in dem Schalke spielerisch und technisch dem Gegner unterlegen war, jedoch wieder zurück zur alten Stärke gefunden hat. Königsblau wurde von Minute zu Minute stärker und machte Porto durch gute Zweikampfführung und effektives Pressing das Leben schwer. Das Spiel von Schalke nach vorne war sehr einfach strukturiert. Die ständigen hohen Bälle in den Rücken der Abwehr und die Tiefenläufe der Stürmer (speziell von Embolo) machten sich zu Beginn der zweiten Halbzeit bemerkbar, da sie nun meist den Rücken der gegnerischen Außenverteidiger und nicht der Innenverteidiger belaufen sind.

Schalke nutzte diese kurze Drangphase im Stile einer Spitzenmannschaft mit einem überragenden Umschaltspiel und erzielte die Führung. Danach wurde Schalke jedoch zu passiv und versuchte, das Spiel nur noch zu verwalten. Der Ausgleich war verdient und nach dem Spielverlauf auch gerecht. Wenn Schalke es nun auch wieder schafft, Profit aus seiner Standardstärke zu schlagen, wird das Tedesco-Team wieder ein sehr unangenehmer Gegner.

Das Spiel war kein spielerisches Highlight am ersten Spieltag der Champions League, aber Schalke brachte wieder seine Tugenden auf den Platz. Das macht es den Gegnern schwer, dort zu gewinnen. Ich bin deshalb schon gespannt auf das Spiel am Samstag gegen die Bayern.

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