Es riecht nach Schnäppchen

Schossen Gladbach im Alleingang ab: Maximilian Philipp (r.) und Pierre-Emerick Aubameyang
© Getty

20 Millionen Euro hat Borussia Dortmund an den SC Freiburg für Maximilian Philipp überwiesen. Bislang rechtfertigt der BVB-Neuzugang diese Summe. Philipps Formstärke steht sinnbildlich für die aktuelle Entwicklung der Dortmunder unter Trainer Peter Bosz.

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Als das Warten für die Journalisten ein Ende hatte und Maximilian Philipp durch die Hotellobby des Grand Resort in Bad Ragaz in Richtung Medienraum lief, musste er doch noch einmal kurz stoppen. Ein Mitarbeiter der Dortmunder Presseabteilung flüsterte ihm ein paar Sätze ins Ohr, Philipp stand da und nickte artig.

Es war ja auch klar, dass in der Medienrunde im BVB-Trainingslager schnell die Frage aufkommen werde, was Philipp zu seiner astronomisch erscheinenden Ablösesumme zu sagen habe. 20 Millionen Euro hatte die Borussia an den SC Freiburg überwiesen - für einen Spieler mit der Erfahrung von 81 Profieinsätzen.

"Ich kann für die Ablösesumme nichts", antwortete Philipp mit einem Achselzucken. Schon als sein Wechsel Anfang Juni feststand, sprach Philipp nüchtern von "viel zu viel" Geld und unmenschlichen Summen. "Ich habe damit nichts zu tun. Klar werde ich von außerhalb ein wenig Druck bekommen. Aber ich will nur Fußball spielen", fuhr er in der Schweiz fort.

Philipp beim BVB schon mit sechs Torbeteiligungen

Das gelang schon im Breisgau ganz gut, 35 Torbeteiligungen (18 Tore, 17 Vorlagen) sammelte er dort zwischen 2013 und 2017. Philipp befindet sich seit längerer Zeit in einem außerordentlichen Lauf. 2016 der Aufstieg in die Bundesliga mit dem SC, dann gleich neun Tore in 25 Spielen und im Sommer kam noch der Europameistertitel mit der deutschen U21 hinzu.

Dass ein Spieler auf einer solchen Welle ein paar Euro kosten würde, ist in heutigen Zeiten keine große Überraschung mehr. Doch, so der Tenor, wieso gibt der BVB so viel Geld für ein Talent aus, das in Dortmunds hochkarätig besetzter Offensivreihe ohnehin nur Außenseiterchancen besitzt?

Nun sind ein paar Wochen vergangen und Philipp hat bei seinen Einsätzen für Schwarzgelb massig Argumente gesammelt, diesen Tenor zu widerlegen. Der Ersatzmann für den verletzten Marco Reus hat nun vier Tore und zwei Assists nach sechs Bundesligapartien auf dem Konto - und bleibt bei der Bewertung seiner ruhigen und sachlichen Art treu.

Philipp: "So kommt halt das Selbstvertrauen"

"Meine Leistungen waren bislang okay, da ist aber noch Luft nach oben. Ich gebe Gas im Training, reiße mir den Arsch auf. Der Druck ist natürlich groß, aber das fördert auch, wenn jeder an sein Maximum gehen muss", spricht es da aus ihm.

Bei der 6:1-Gala gegen Gladbach steuerte Philipp wie schon gegen Köln den wichtigen ersten Treffer bei. Ganz so, wie es ansonsten häufig Reus tut. Diesmal ließ er direkt ein zweites Tor folgen und bewies letztlich mit jedem seiner vier Buden, wie kaltschnäuzig sein Torabschluss sein kann.

Für Philipp eine Folge aus der Partie gegen den FC am letzten Wochenende: "Gegen Köln ist bei mir der Knoten geplatzt, so kommt halt das Selbstvertrauen. Der Trainer vertraut in meine Stärken und hat mich immer aufgebaut."

Philipp steht sinnbildlich für den BVB unter Bosz

Coach Peter Bosz hat bei Philipp, der als einer der Letzten in die Dortmunder Vorbereitung einstieg, ein Auge darauf gehabt, wie er die Belastungsspitzen setzt. Philipp bekam immer wieder seine Pausen. Bosz beschrieb den 23-Jährigen als schüchternen Burschen, seine charakterliche Zurückhaltung steht dem sportlichen Ehrgeiz aber augenscheinlich kein bisschen im Weg.

Im Gegenteil, Philipp steht voll im Saft und aktuell sinnbildlich für die Entwicklung des BVB unter dem neuen Trainer. Fast jeder der fitten Spieler hat in den letzten Wochen die von Bosz so oft zitierten Schritte gemacht - gerade auch die neben Philipp weiteren Neuzugänge wie Ömer Toprak, Mo Dahoud, Dan-Axel Zagadou oder Jeremy Toljan.

Dass Philipp zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison bereits derart mitmischt, mag sicherlich überraschen und auch an den Abwesenheiten von Reus oder Andre Schürrle liegen. Doch die Breite des Dortmunder Kaders in Philipps Kerngebiet, der Offensive, bleibt auch in der aktuellen Zusammensetzung qualitativ sehr hochwertig besetzt.

Philipp tut das, was Schürrle unter Tuchel tun sollte

Ein Spieler wie Schürrle wird einen langen Anlauf benötigen, um seinen Rückstand auf die funktionierende Truppe zu verringern. In gewisser Weise macht Schürrles Konkurrent Philipp ein Jahr nach ihm genau das, was sich Ex-Coach Thomas Tuchel auf Anhieb von Schürrle versprochen hatte - er bringt konstante Leistungen.

Es riecht momentan daher danach, als habe die Borussia mit Philipp angesichts der mittlerweile kursierenden Summen ein Schnäppchen gemacht. Und auch der Angreifer scheint mit seiner Einschätzung, sich "reif genug" zu fühlen, "um oben in der Bundesliga und der Champions League mitzuspielen" nicht verkehrt gelegen zu haben.

Diese Reife zeigte sich gegen die Fohlen besonders in einer Szene, die zugleich den Spieler Philipp recht gut kennzeichnet: Als Neueinkauf in Dortmund mit zwei eigenen Treffern im Rücken frei vor dem gegnerischen Tor und Hattrick stehend auf diese Weise für Sturmkollege Pierre-Emerick Aubameyang abzulegen, wie es Philipp vor dem 3:0 tat, auf diese Idee wären wohl nur wenige gekommen.

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