Ein bisschen Recht hat Aki schon

Borussia Dortmund hat gegen den 1. FC Köln sehr stark gespielt
© Getty

Der überzeugende 5:0-Sieg von Borussia Dortmund gegen den 1. FC Köln ist von den Diskussionen um das Einschreiten des Video-Assistenten überlagert worden. Nach der Partie flogen die Giftpfeile - alle Parteien sprachen dabei aus der Emotion heraus und hatten zumindest nachvollziehbare Argumente. Fernab von der Bewertung der Schlüsselszene trifft Hans-Joachim Watzke den Nagel mit einer Aussage auf den Kopf.

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Pünktlich nach exakt 90 Minuten pfeift Schiedsrichter Patrick Ittrich ab. Warum auch nicht? Entschieden ist die Partie ohnehin, eine Nachspielzeit braucht niemand mehr. Dass er jedoch seine ganz eigene Nachspielzeit bekommen würde, ist ihm bei seinem Pfiff bewusst.

Diskussionen, da ist sich Ittrich sicher, wird es nach dem Spiel zwischen Borussia Dortmund und dem 1. FC Köln geben. Diskussionen, die es auch schon in der Halbzeit mit dem Kölner Sportdirektor Jörg Schmadtke und Trainer Peter Stöger gegeben hat.

An diesem Abend im Dortmunder Signal Iduna Park ist Ittrich nicht zu beneiden. Immerhin steht er - oder besser gesagt sein Zusammenspiel mit seinem Video-Assistenten Dr. Felix Brych - in der Nachbetrachtung des Spiels unter dem Brennglas.

Schmadtke poltert gegen Fehlentscheidung

"Dieses Spiel ist entschieden worden durch eine Fehlentscheidung des Schiedsrichter-Teams", polterte Schmadtke an den Sky-Mikrofonen.

Tatsächlich beeinflusste die Situation in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit den Spielverlauf maßgeblich. Bei Sokratis' Treffer zum 2:0 hatte der Schiedsrichter das Spielgeschehen bereits abgepfiffen, bevor der Ball im Tor war. Abgesehen davon, dass zuvor tatsächlich kein Foul vorgelegen hatte, hätte der Video-Assistent in dieser Situation nicht eingreifen dürfen.

Ein Umstand, der Schmadtke auf die Palme brachte. Die Entscheidung habe sehr wohl einen Einfluss auf das Spiel gehabt: "Wenn du gegen Dortmund zur Pause 0:2 zurückliegst, musst du aufmachen und dann kommen gegen Dortmund die schnellen Leute und schießen dir die Hütte voll."

Deshalb kündigte er auch umgehend rechtliche Schritte an: "Wir werden das Spiel nicht freigeben und werden natürlich Protest einlegen."

Eine Ankündigung, die beim BVB auf Unverständnis stieß: "Wenn sie Protest einlegen wollen, sollen sie. Aber das ist doch grotesk, nahezu lächerlich", reagierte Sportdirektor Michael Zorc.

Watzke: Attitüde eines schlechten Verlierers

Der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Watzke war so aufgebracht, dass er noch einen draufsetzte: "Irritierend finde ich, dass der 1. FC Köln offenbar nicht verlieren kann. Wenn man 5:0 verliert, so etwas anzukündigen, ist für mich die Attitüde eines schlechten Verlierers."

Freilich müssen die Aussagen aller Beteiligten in den Kontext eingeordnet werden. Aus der Emotion heraus, nicht vollends zu Ende gedacht.

Und das nach einem Spiel, das vor allem für den FC bittere Konsequenzen hat. Der Saisonstart mit null Punkten aus vier Spielen und einem Torverhältnis von 1:12 ist der zweitschlechteste in der gesamten Bundesliga-Historie (einzig der KSC startete 1963/64 mit -13 Toren noch schwächer). Und die dicke Klatsche beim BVB war der Tiefpunkt einer ohnehin schon bescheiden beginnenden Saison.

Kein Wunder also, dass sich alle am vermeintlich spielentscheidenden Moment abarbeiteten, der die Ausgangslage zu einem enorm bitteren Zeitpunkt für die zweite Hälfte enorm verschlechterte.

BVB-Sieg hat vor allem sportliche Gründe

Dass Aki Watzke die Aussagen der Kölner als Zeichen eines schlechten Verlierers deutete, ist zwar harsch, aber aus seiner Sicht ebenso verständlich. Und mit einer Aussage hatte der BVB-Boss zweifelsohne Recht: "Schießt man im Spiel zweimal aufs Tor und der Gegner macht fünf Tore, dann hat man einfach zu Recht verloren und muss sich das klipp und klar eingestehen."

Es greift zu kurz, die bittere Kölner Niederlage auf den falschen Eingriff des Video-Assistenten zu reduzieren. Denn der deutliche Dortmunder Sieg hatte vor allem sportliche Gründe.

"Es war ein sehr gutes Spiel von uns. Wir waren von der ersten bis zur letzten Minute dominant, haben richtig guten Fußball gespielt", fasste Doppeltorschütze Maximilian Philipp die Partie zusammen: "In der Höhe haben wir verdient gewonnen."

Tatsächlich war der BVB von Beginn an deutlich überlegen, der Treffer nach einer Minute und 53 Sekunden spielte den Hausherren dabei in die Karten.

BVB tut sich gegen tief stehende Kölner schwer

Zwar tat sich Dortmund, wie häufig in dieser Saison, mit dem 1:0 im Rücken lange schwer, gegen die tief stehende Viererkette und das massierte Mittelfeld Lösungen zu finden und spielte sich deshalb nur wenige Torchancen heraus.

Allerdings mussten sich die Kölner ankreiden lassen, dass sie trotz des Rückstandes keinerlei Anstalten eines Offensivspiels machten. In der ersten Halbzeit gaben die Gäste gerade einmal zwei Torschüsse ab, keiner davon aufs Tor (Dortmund 10/5).

Speziell wenn der BVB Tempo über die Außen machte, geriet Köln schon im Verlauf des ersten Durchgangs zeitweise ins Schwimmen. Neuzugang Andriy Yarmolenko zeigte dabei erneut seine Fähigkeiten, tanzte Kölns Hector-Ersatz links in der Viererkette, Jannes Horn, nicht nur beim frühen Führungstor, sondern auch in der Folge mehrfach aus.

Noch deutlicher veränderte sich die Partie nach der Pause - und insofern ist Schmadtkes Argumentation verständlich. Die Kölner wirkten, als hätten sie die Emotionen der Szene kurz vor dem Halbzeitpfiff nicht verarbeitet, und kamen überhaupt nicht mehr in die Partie.

Köln fällt auseinander

Spätestens mit dem Treffer zum 3:0 (ein Handelfmeter nach einem diesmal unbestritten korrektem Videobeweis) fielen die Gäste komplett auseinander, während sich der BVB in einen Rausch spielte. Bei den beiden folgenden Toren zauberten die Dortmunder und unterstrichen ihre starke Frühform.

In allen relevanten Statistiken war der BVB seinem Gegner haushoch überlegen: 74 Prozent Ballbesitz, 116:109 gelaufene Kilometer, 22:6 Torschüsse - und eben 5:0 Tore. Ein Ergebnis, das den sportlichen Eindruck dieser 90 Minuten zweifelsohne abbildete.

Es war eine Demonstration der Dortmunder, die zeigten, warum sie nach vier Spieltagen mit einer Bilanz von zehn Punkten und 10:0 Toren an der Tabellenspitze stehen.

Am anderen Ende als die Kölner, die wie Suchende wirken. "Wir machen zu einfache Fehler", zog Peter Stöger ein erstes Zwischenfazit, "aber auf der anderen Seite ist der Start auch nicht einfach. Es ist eine neue Situation mit der Europa League, aber da muss man den Jungs, die uns in den letzten Jahren viel Freude gemacht und alles gegeben haben, auch das Vertrauen geben".

Köln: Heimspiel gegen Frankfurt von enormer Wichtigkeit

Das Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am kommenden Mittwoch hat jedenfalls durch die herbe Klatsche eine noch größere Wichtigkeit bekommen als ohnehin schon. Wiedergutmachung ist angesagt.

Denn sicher hat Schmadtke Recht damit, dass die unglückliche VAR-Entscheidung kurz vor der Pause den Kölnern zum Verhängnis wurde. Andererseits ist es erstens hochspekulativ, ob der FC mit einem 0:1-Pausenrückstand noch einmal zurück in die Partie gekommen wäre. Und zweitens ist die Fehlentscheidung nur eine unzureichende Entschuldigung dafür, dass die Mannschaft auf so verheerende Weise in sich zusammen gefallen ist.

Nach einem 0:5-Debakel die gesamte Schuld bei einer Szene zu suchen, greift jedenfalls zu kurz. Viel zu kurz. Insofern hat Aki Watzke ein bisschen Recht...

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