RB Leipzig - Tyler Adams im Interview: "Bereue keine einzige verpasste Party"

Von Robin Haack
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© imago

Mehrere Jahre lang wurde Tyler Adams jeden Tag von seiner Mutter über 100 Kilometer zum Training gefahren, damit er tun konnte, was er am liebsten macht: Fußball spielen. Spätestens nach seinem Wechsel von den New York Red Bulls zu RB Leipzig in die Bundesliga haben sich die unzähligen Stunden im Auto ausgezahlt.

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Inzwischen lebt der 19-jährige Amerikaner seinen Traum, ist Nationalspieler und kickt in einer der besten Ligen der Welt. Im Interview mit SPOX und DAZN spricht Adams über seinen beschwerlichen Weg in die Bundesliga, sein Studium neben dem Profifußball und seine Zeit in New York.

Außerdem schwärmt er von gemeinsamen Trainingseinheiten mit seinem großen Idol Thierry Henry und verrät, warum er seinen neuen Trainer Julian Nagelsmann für einzigartig auf der Welt hält.

Tyler, neben Ihrer Fußballkarriere studieren Sie Sportpsychologie per Fernstudium und beschäftigen sich viel mit menschlichem Verhalten. Woher kommt dieses Interesse?

Tyler Adams: Anders als andere Teenager habe ich als Profisportler leider nicht die Zeit, auf ein normales College zu gehen. In meiner Jugend drehte sich alles nur um den Fußball, doch ich will parallel nun einen Abschluss machen, um für meine Zukunft gerüstet zu sein. Die Arbeit des Gehirns fasziniert mich, und ich will lernen, wie menschliche Handlungen und Interaktionen funktionieren. Dieses Wissen möchte ich eines Tages mit dem Sport kombinieren und Top-Sportlern dabei helfen, auf einem noch höheren Niveau zu performen.

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Wie lassen sich die Inhalte aus dem Studium auf das tägliche Training anwenden?

Adams: In Leipzig haben wir einen Sportpsychologen, mit dem ich mich nach den Einheiten regelmäßig über meine Unterrichtsinhalte austausche. Viele Dinge aus dem Studium helfen mir schon jetzt. Wir lernen beispielsweise, wie man mit Druck umgeht und besprechen verschiedene Methoden. Es kann mir und meiner Leistungsfähigkeit nur helfen, wenn ich mich in meiner Freizeit mit solchen Dingen beschäftige.

Sollten sich mehr Fußballer neben ihren Profikarrieren weiterbilden?

Adams: Das ist ein interessantes Thema. Die meisten Profis konzentrieren sich voll auf den Fußball, und das ist natürlich sehr wichtig. Trotzdem hat man in unserem Beruf unter der Woche relativ viel Freizeit, gerade wenn man noch keine Familie hat. Es ist immer gut, sich und sein Hirn zu fordern und immer etwas dazuzulernen. Ich bin noch jung, und ich will mich auch in diesem Bereich weiterentwickeln und neue Horizonte erschließen.

Also sieht man Sie in Ihrer Freizeit eher beim Lernen statt an der PlayStation?

Adams: (lacht) Auch ich spiele manchmal PlayStation - ganz so extrem ist es nicht. Manchmal muss ich abschalten und spiele mit meinen Freunden oder Brüdern das ein oder andere Spiel. Jeder Teenager liebt Videospiele, auch ich habe früher mehr gespielt. Doch nun wurde mir klar, dass es mir mehr bringt, ein Buch zu lesen, wovon dann etwas hängen bleibt.

Stimmt es, dass Ihre Abschluss-Zeremonie auf der High-School extra vorverlegt wurde, weil Sie am Nachmittag ein MLS-Spiel hatten?

Adams: Die Feier wurde nicht für alle Absolventen vorverlegt, sondern nur für mich. Mein Vater arbeitet an der Schule und hat mit dem Direktor vereinbart, dass ich meine eigene kleine Zeremonie bekomme. Während es für die anderen erst um zwölf Uhr losging, habe ich schon um sieben Uhr morgens mein Diplom bekommen. Ich bin nur einmal kurz über die Bühne gegangen, es wurden Fotos gemacht, und ich bin sofort nach New York City gefahren, wo unser Spiel am Nachmittag stattfand. Die Partie ging zwar verloren, aber am wichtigsten war, dass ich meine Mutter mit der Zeremonie glücklich machen konnte.

Wie hat es sich angefühlt, das Diplom allein zu bekommen?

Adams: Es war eine lustige Situation, denn die Feierlichkeiten fanden in einer riesigen Halle mit mehreren Tausend Sitzplätzen statt. Als ich auf die Bühne gerufen wurde, war die Halle aber natürlich fast komplett leer. Nur meine Familie saß in der ersten Reihe und hat mir zugejubelt.

Wie wichtig war die Zeremonie für Sie?

Adams: Um ehrlich zu sein, war sie mir persönlich nicht so wichtig. Natürlich habe ich mich gefreut, meinen Abschluss in der Tasche zu haben, doch im Endeffekt war es meiner Mutter deutlich wichtiger als mir. Es hat sie ungeheuer glücklich gemacht, mich mit dem Diplom zu sehen.

Ihre Mutter hat Sie schon früh in Ihrer Karriere sehr unterstützt. Zu Ihren Jugendzeiten fuhr sie täglich mehr als 100 Kilometer, um Sie zum Training nach New Jersey zu bringen.

Adams: Seit meinem ersten Tag in der Red-Bull-Akademie wusste ich, was sie für mich leistet und wie sehr sie mir hilft. Als ich erstmals zum Training der Red Bulls eingeladen wurde, habe ich sie angebettelt, weil es mein Traum war, Profifußballer zu werden und ich die Akademie als große Chance gesehen habe. Meine Mutter konnte mir diesen Wunsch nicht abschlagen, da es für sie immer am wichtigsten war, dass ich tue, was mich glücklich macht. Ich bin unglaublich dankbar, dass sie mich in der Jugend derart unterstützt hat. Während andere Eltern ihre Kinder nur wenige Minuten zum Training bringen mussten, fuhr meine Mutter täglich mehrere Stunden - alles damit ich meinen Traum leben und in einer der weltbesten Akademien trainieren konnte.