Schalke 04 - Sebastian Rudy im Interview: "Ich bin von meinen Leistungen enttäuscht"

Von Robin Haack
Sebastian Rudy blieb in seinem ersten Jahr bei Schalke 04 unter seinen Möglichkeiten.
© getty

Als Königstransfer gefeiert, wechselte Sebastian Rudy im vergangenen Sommer vom FC Bayern zu Schalke 04 und sollte dort von Anfang an der neue Anführer sein. Doch statt um die Champions League kämpfte Königsblau bis zuletzt gegen den Abstieg und auch für den 29-Jährigen persönlich lief die Spielzeit nicht gerade nach Plan.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Im exklusiven Interview mit SPOX und Goal blickt Rudy auf seine erste Saison bei S04 zurück. Dabei verrät er, dass er den Wechsel ins Ruhrgebiet unterschätzt hat und von seinen persönlichen Leistungen enttäuscht ist. Außerdem äußert er sich zur Kritik an seiner Person und gibt einen Einblick in seine Gefühlswelt.

Herr Rudy, was ist eigentlich Ihr Lieblingsbier?

Sebastian Rudy: (lacht) Ein schönes, kaltes Radler trinke ich am liebsten.

Nach dem Derbysieg bei Borussia Dortmund waren Sie als Mannschaft im Vereinslokal Bosch in Gelsenkirchen, wo auch das eine oder andere Bier über die Theke ging und sie mit den Fans feierten. Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Kneipenbesuch?

Rudy: Wer genau die Idee hatte, weiß ich gar nicht genau, aber wir waren alle begeistert. Gerade für unsere Fans, die im Laufe der Saison viel leiden mussten, war der Derbysieg ein toller Moment. Als Mannschaft in einer solchen Kult-Kneipe Arm in Arm mit den Fans zu feiern, war auch für sie etwas ganz Besonderes. Es war wirklich eine coole Aktion.

Wie haben die Leute reagiert, als Sie plötzlich durch die Tür kamen?

Rudy: Niemand wollte dort Autogramme oder Fotos, alle wollten einfach nur feiern. Die Stimmung im Laden war riesig. Während wir dort waren, gab es keine stille Minute. Immer wieder hat jemand ein anderes Lied angestimmt.

Haben Sie etwas Ähnliches schon einmal erlebt?

Rudy: Nein, noch nie. (lacht) Ich hoffe sehr, dass wir in der kommenden Saison mehr Punkte holen und häufiger Grund haben, mit den Fans zu feiern. Gern auch wieder in der Kneipe.

Waren der Derbysieg und die anschließende Party das Highlight Ihrer ersten Saison auf Schalke?

Rudy: Wir haben in dieser Phase dringend drei Punkte benötigt. Dass wir Dortmund geschlagen haben, hat uns natürlich umso mehr gefreut. Rückblickend kann man wahrscheinlich sagen, dass dieser Tag das Highlight einer schwachen Saison war.

Sebastian Rudy über Saison bei Schalke 04: "Vielleicht muss ich mein Spiel umstellen"

Welche Schulnote würden Sie der Spielzeit geben?

Rudy: Unter dem Strich war die Saison natürlich für jeden Einzelnen von uns enttäuschend. Das in Schulnoten zu bemessen, finde ich schwierig. Ich glaube, wir haben gerade so die Versetzung ins nächste Schuljahr geschafft, um in der Schul-Metapher zu bleiben.

Wie bewerten Sie Ihre persönliche Leistung?

Rudy: Ich habe nicht das gezeigt, was ich eigentlich kann. Deshalb bin ich von meinen persönlichen Leistungen enttäuscht. Von nun an gehe ich das Ganze ein Stück weit anders an und versuche, das zu zeigen, was mich stark macht. Ich will meinen Kritikern beweisen, dass sie Unrecht haben und ich es besser kann - dieser Gedanke motiviert mich ungemein.

Was wollen Sie anders machen?

Rudy: Vielleicht muss ich mich ändern und mein Spiel auch ein Stück weit umstellen. Anders als in dieser Saison werde ich nun die komplette Vorbereitung dabei sein. Ich werde auf jeden Fall versuchen, mich dort bestmöglich zu präsentieren.

Sie haben schon im Oktober in einem Interview verraten, dass die Umstellung vom FC Bayern zu Schalke größer war, als Sie dachten.

Rudy: Man kann sagen, dass ich diese Umstellung unterschätzt habe. Ich habe lange gebraucht, um mich ans Schalker Spiel zu gewöhnen, was meine Anfangszeit sehr schwer gemacht hat. Das wird mir mit Sicherheit nicht noch einmal passieren.

Vor allem die Erwartungshaltung ist auf Schalke komplett anders als noch in München. Während Sie beim FC Bayern eher unterschätzt worden sind, sollten Sie bei Königsblau sofort Anführer sein und vorangehen.

Rudy: Mit einer solchen Erwartungshaltung in einen neuen Verein zu kommen, macht es nicht einfacher. Ich kannte solche Phasen nicht und muss zugeben, dass es mich ein bisschen überrascht hat. Ich versuche jetzt, im Urlaub abzuschalten und topfit in die Vorbereitung zu starten. Dann sieht das Ganze schon wieder anders aus.

Waren die Erwartungen an Sie also zu hoch?

Rudy: Auch ich habe hohe Erwartungen an mich selbst und versuche, in jedem Spiel und jedem Training das Maximum herauszuholen. Ich würde nicht sagen, dass die Erwartungen an mich zu hoch waren. Fans und Verein erwarten zurecht viel von mir und können auch künftig noch einiges erwarten. Ich weiß, was ich kann und werde das in der nächsten Saison auch auf den Platz bringen.

Rudy über Kritik der Medien: "Denkweise ist mir zu einfach"

Sie standen medial zwischenzeitlich im Zentrum der Kritik. Die FAZ schrieb im März beispielsweise, Sie seien das "Symbol des Scheiterns von Schalke 04."

Rudy: Wenn man mit hohen Erwartungen vom FC Bayern kommt, dann aber Probleme hat und die komplette Saison schlecht läuft, ist man der prädestinierte Sündenbock. Doch diese Denkweise ist mir zu einfach. Im Fußball ist es nicht immer fair, aber damit müssen wir alle umgehen können. Von Medienseite wird immer viel geschrieben. Das gehört einfach dazu.

Bislang haben Sie in Ihrer Karriere meist nur für positive Schlagzeilen gesorgt. Was macht solche Kritik mit Ihnen persönlich?

Rudy: Es ist nicht schön, ständig kritisiert zu werden. Berechtigte und konstruktive Kritik gehört natürlich dazu und ist auch wichtig, aber ich verstehe nicht, wenn nur noch negativ über einzelne Spieler berichtet wird. Das geht nicht spurlos an einem vorbei und tut weh. Manche Leute müssen sich vor Augen führen, was sie damit anrichten können. Fußballprofis sind eben keine Maschinen, sondern auch nur Menschen mit Gefühlen. Man hat manchmal den Eindruck, dass häufig nur noch draufgehauen wird.

Also hat Sie diese Kritik auch im Privatleben noch belastet?

Rudy: Ich habe versucht, die Medien auszublenden, aber komplett ist es nicht möglich. Es ist nicht schön, aber Teil meines Berufs.

Was hat Ihnen in dieser Phase geholfen, die negativen Gedanken auszublenden?

Rudy: Meine Frau und mein kleiner Sohn waren für mich der wichtigste Halt. Nach Hause zu kommen und zwei lächelnde Gesichter zu sehen, tut gut und ist Balsam für die Seele. In solchen Momenten versucht man abzuschalten und meist habe ich das ganz gut hinbekommen.

Sind Sie auf Schalke also froh, dass die Saison endlich vorbei ist?

Rudy: Jeder Einzelne freut sich darauf, im Urlaub die Akkus wieder aufzuladen. Wir wollen alle neu starten und viel besser spielen als zuletzt.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema