Daniel Didavi ist zurück beim VfB Stuttgart: Wackeliger Stabilisator

Von Julian Wessel
Spielt jetzt wieder mit Brustring: Daniel Didavi.
© getty

Daniel Didavi steht vor seiner insgesamt sechsten Bundesliga-Saison mit dem VfB Stuttgart. Der Rückkehrer, der vor zwei Jahren als einer der Schlüsselspieler das sinkende Schiff verließ, soll bei der sportlichen Neuausrichtung der Schwaben mithelfen. Die bereits dritte Ligasaison mit seinem Heimatverein wirft jedoch auch etliche Fragen auf.

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Bei seiner Vorstellung wirkte Didavi entschlossen und vor allem glücklich, zurück zu sein. In seinen zwei Wolfsburger Jahren hatte sportlich wenig bis gar nichts so funktioniert, wie Didavi sich das vorgestellt hatte. Mit großen Ambitionen war er zum damaligen DFB-Pokal-Sieger gewechselt, um dann beide Jahre mit der Abstiegsrelegation abzuschließen. Zum jeweiligen Klassenerhalt trug er dazu noch einen erheblichen Teil bei.

Mit neun Toren und sechs Vorlagen war Didavi in der vergangenen Saison sogar Wolfsburgs Topscorer. Wenn man ihn auf dem Platz sieht, hat man oft das Gefühl, dass er noch mehr kann, als er zeigt. Wenn Reschke "von einem der torgefährlichsten Mittelfeldspieler der Liga" redet, klingt das nicht falsch oder ungerechtfertigt.

Verletzungsprobleme ziehen sich durch Daniel Didavis Karriere

Doch wieso kommt der gebürtige Nürtinger dann mit 28 Jahren, im besten Fußballalter, zurück zu seinem Heimatklub, dessen sportliche Ziele ihm einst nicht mehr reichten? Und das zu einem wesentlich schlechteren Gehalt als er es in Wolfsburg bekam? Nun, Didavis Karriere lief nie wirklich geradlinig oder nach einem festen Plan. Viel zu häufig warfen den Mittelfeldspieler schwere Verletzungen zurück.

Schon in seiner zweiten Profisaison zog sich Didavi einen Knorpelschaden zu. In der darauffolgenden Saison hatte er dann ein Knochenödem, das ihn länger als ein ganzes Jahr außer Gefecht setzte. Seitdem macht sein Knie immer wieder Probleme. Auch aktuell fällt er seit fast drei Monaten aus, dieses Mal allerdings mit Achillessehnenproblemen.

In der vergangenen Saison blieb Didavi zwar weitestgehend fit, sportlich glücklich wurde er beim VfL Wolfsburg dennoch nicht. Obwohl er persönlich keine schlechte Saison spielte und ein überdurchschnittlicher Bundesligaspieler ist, dürften sich die Angebote auch aufgrund seiner Verletzungshistorie nicht massenhaft gestapelt haben. "Nachdem sich jetzt die Möglichkeit ergeben hat, zum VfB zu wechseln, war für mich sofort klar, dass ich zurück möchte", wird Didavi auf der Klub-Website zitiert.

Zum einen weiß Didavi, was er an dem Klub hat, bei dem er alle Jugendmannschaften durchlief und der ihn in schweren Zeiten auffing. Zum anderen hat sich der Klub sportlich in Abwesenheit Didavis stark entwickelt. Dass der VfB Stuttgart als Aufsteiger zum zweitbesten Rückrundenteam avanciert und nur um Haaresbreite die Europa League verpasst, hätte wohl niemand erwartet.

Daniel Didavi ist ein Dreh- und Angelpunkt in Stuttgarts Neuausrichtung

Es kam aber auch vieles zusammen. Die Transfers des neuen Kaderplaners Michael Reschke saßen. Trainer Tayfun Korkut, der erst in der Winterpause kam, war eine der besten Trainerverpflichtungen des Jahres. Und das Team, das in einer 4-4-2-Formation einen biederen, aber effizienten Verteidigungsfußball spielte, erreichte ihr absolutes Leistungslimit. Dass all das weiter so perfekt läuft, ist quasi ausgeschlossen.

Auch den Fußball, den Korkut spielen ließ, wird er nach dem Abgang von Gomez-Partner Daniel Ginczek zumindest etwas verändern müssen, um erfolgreich zu bleiben. Und genau hier ist Didavi gefragt. Er ist ein technisch starker, kreativer Spieler, der gemeinsam mit Neuzugang Gonzalo Castro eine spielerische Komponente in das Stuttgarter Spiel bringt, die so bisher fehlte.

Zudem strahlt er für einen Mittelfeldspieler eine enorme Torgefahr aus und ist neben seiner Hauptposition im offensiven Mittelfeld auch auf den Außen einsetzbar. "Alle VfB-Verantwortlichen, ganz besonders Tayfun Korkut und ich sind total überzeugt, dass Daniel ein ganz wesentlicher Baustein für unsere sportliche Stabilisierung sein wird", erklärte Reschke.

Fit wird Didavi den VfB definitiv verstärken. Dafür muss er sich aber erst einmal von seinen anhaltenden Achillessehnenproblemen erholen.

Ein gewisses Risiko ist Michael Reschke mit seiner Verpflichtung also schon eingegangen. Dennoch zeigte Didavi bereits mehrmals, dass er immer wieder zurückkommt und mit Leistungen auf dem Platz überzeugt. 40 Tore und 19 Vorlagen in 131 Bundesligaspielen sind für einen Mittelfeldmann wahrlich keine schlechte Quote. "Wichtig für uns war zudem der absolute Wille und die starke innere Überzeugung, mit der Daniel zu uns zurückwollte", erklärte Reschke.

Daniel Didavi: Seine Bundesliga-Leistungsdaten im Überblick

SaisonVereinSpieleToreVorlagen
2017/18VfL Wolfsburg3096
2016/17VfL Wolfsburg1843
2015/16VfB Stuttgart31135
2014/15VfB Stuttgart114-
2013/14VfB Stuttgart711
2012/13VfB Stuttgart3--
2011/121. FC Nürnberg2393
2010/11VfB Stuttgart8-1

Daniel Didavi wandelt auf den Spuren seines Trainers Tayfun Korkut

Von diesem Willen und seinen Qualitäten muss er wohl vor allem die VfB-Fans überzeugen. Einige haben ihm den Wechsel krummgenommen, als er sich kurz nach dem Abstieg in Richtung Wolfsburg verabschiedete. Didavi stellte daraufhin klar, dass der Wechsel bereits in der Winterpause beschlossen wurde, als der VfB noch um die internationalen Plätze mitspielte.

"Die Ausgangssituation war damals sehr speziell und das Angebot aus Wolfsburg sportlich und wirtschaftlich sehr lukrativ", stärkte Reschke Didavi den Rücken. Der sportliche Aspekt stehe bei diesem Transfer klar im Vordergrund. "Unsere Entscheidungen beruhen nicht auf TED-Umfragen", unterstrich Reschke.

Dennoch: Dass Didavi für den VfB jetzt ordentliche Gehaltseinbußen in Kauf nimmt, wie er bestätigte, spricht für ihn. Laut Berichten verzichtet er auf bis zu 40 Prozent seines Gehalts aus Wolfsburger Tagen.

Wie dem auch sei, seinen Kredit bei einigen Fans hat er dennoch verspielt. Der Fall Korkut zeigt aber, dass man VfB-Fans mit Leistung sehr schnell auf seine Seite ziehen kann. Schon direkt nach Bekanntgabe der Zusammenarbeit mit Korkut, hagelte es Kritik. Fans legten sogar ein Grablicht an der Geschäftsstelle des abstiegsbedrohten Aufsteigers nieder.

Wenige Spiele später kam die Korkut-Tabelle, in der der VfB Stuttgart hinter dem FC Bayern auf Platz zwei der Bundesliga stand, in aller Munde. "Finden wir uns damit ab, Korkut wird der Trainer des Jahrzehnts", hieß es plötzlich aus der Cannstatter Kurve.

Didavi wird versuchen, es seinem Trainer gleichzutun. Sein Ansatz ist schon einmal nicht der Schlechteste: "Ich will auf dem Platz beweisen, was mir der VfB bedeutet."

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