BVB- und Bayern-Ziel Benjamin Pavard: Der Stempel, auf dem "Weltklasse" steht

Benjamin Pavard verpasste beim VfB Stuttgart keine Bundesligaminute in dieser Saison.
© getty

Benjamin Pavard hat sich beim VfB Stuttgart zu einem der besten Verteidiger der Bundesliga entwickelt. Die Belohnung ist ein Platz im WM-Kader Frankreichs - und nicht einmal geringe Chancen auf Einsätze. Kein Wunder, dass die Spekulationen über einen Wechsel zu einem Topklub nicht abreißen, auch der BVB und der FC Bayern sollen in der Verlosung sein. Der VfB hat wenig Interesse an einem Abgang. Doch ein Preisschild der Kategorie "Weltklasse" könnte die Situation ins Wanken bringen.

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Eigentlich ist alles gesagt. Seinen Vertrag beim VfB Stuttgart hat Benjamin Pavard erst im Winter vorzeitig bis 2021 verlängert. Ohne Ausstiegsklausel.

Daran, den Verteidiger abzugeben, denkt Sportvorstand Michael Reschke gar nicht: "Unsere Kernaussage ist: Wir wollen Benjamin nicht abgeben. Wir planen das volle Programm mit ihm, denn er ist für uns ein absoluter Schlüsselspieler." Eine klare Ansage, ohne doppelten Boden.

Nichtsdestotrotz reißen die Spekulationen um einen möglichen Wechsel des 22-Jährigen "Schlüsselspielers" nicht ab. Und dessen Aussagen am Freitag nahmen den Gerüchten nicht unbedingt den Wind aus den Segeln. "Ich will Champions League spielen, ganz klar. Da mache ich keinen Hehl daraus", sagte er.

Pavard will Verbleib beim VfB Stuttgart nicht versprechen

Weil er genau diesen Traum habe, wolle er einen vorzeitigen Wechsel nicht ausschließen. "Wenn ich verspreche, dass ich in Stuttgart bleibe und es dann nicht tue, werden mich die Fans auf dieser Welt nicht mehr mögen."

Pavard will keiner sein, der sich aufs Wappen klopft und ewige Treue schwört, um kurz danach doch den nächsten Schritt zu gehen. Eine lobenswerte Haltung in Zeiten von Fußball-Nomadentum. Eine verständliche Haltung, schließlich weiß der Youngster ganz genau, dass er sich selbst durch seine Entwicklung in den letzten beiden Jahren in die Notizbücher der internationalen Topklubs gespielt hat.

Im Sommer 2016 wechselte der damals 20-Jährige vom OSC Lille ins Ländle. Trotz des kurz zuvor besiegelten Abstiegs. Jan Schindelmeiser, seinerzeit noch für die sportlichen Geschicke vom VfB verantwortlich, war zufrieden über die Verpflichtung eines "sehr gut ausgebildeten, spielstarken Abwehrspielers".

Benjamin Pavard und deutsche Disziplin

In der 2. Liga spielte sich Pavard spätestens seit dem Amtsantritt von Hannes Wolf in der ersten Elf fest. Besonders seine defensive Vielseitigkeit sprach für ihn. Wolf stellte Pavard im defensiven Mittelfeld, in der Innenverteidigung und zum Ende der Aufstiegssaison durchgängig als Rechtsverteidiger auf.

Schon in seiner Debütsaison deutete Pavard sein großes Potential an, war jedoch noch zu verspielt und nachlässig, statt dem sachlichen Pass griff er gerne zum Kunststück. Schlampigkeiten eines hochveranlagten, aber eben noch sehr jungen Spielers.

In seiner ersten Bundesligasaison gelang es Pavard, diesen Leichtsinn deutlich zu minimieren. Seine Weiterentwicklung hat laut eigener Einschätzung auch mit einem persönlichen Lernprozess zu tun: "Ich habe in den zwei Jahren in Deutschland die Disziplin und Strenge zu schätzen gelernt und davon profitiert. Ich habe in allen Bereichen Fortschritte gemacht", sagte er kürzlich zu So Foot.

Benjamin Pavard: Leistungsdaten in zwei Jahren beim VfB Stuttgart

WettbewerbSpieleTore
Bundesliga341
2. Bundesliga211
DFB-Pokal20

Naldo, Ginter, Günter, Pavard

Pavard entwickelte sich zum heimlichen (und irgendwann gar nicht mehr so heimlichen) Chef der VfB-Defensive und war maßgeblich daran beteiligt, dass die Stuttgarter eine neue Bestmarke aufstellten: Noch nie zuvor hatte ein Aufsteiger so wenige Gegentore in der Premierensaison kassiert. Pavard verpasste dabei als einer von nur vier Feldspielern ligaweit keine einzige Spielminute. Ansonsten spielten nur Matthias Ginter, Naldo und Christian Günter komplett durch.

Dass er in dieser Saison sowohl für Wolf als auch für dessen Nachfolger Tayfun Korkut unersetzlich war, liegt an seinem weiterentwickelten Spielverständnis. Pavard schafft die Balance zwischen Dribblings, technischen Mätzchen und Sachlichkeit immer besser. Zudem verbesserte er sein Stellungsspiel und seine Zweikampfführung, sodass er kaum zu Fouls greifen muss. In seinen 3.060 Einsatzminuten sah er lediglich zwei Gelbe Karten.

In der Bundesliga blockte er die meisten Schüsse aller Spieler und hatte nach Schalkes Naldo und Hannovers Salif Sane die drittmeisten klärenden Aktionen.

"Er ist ein kompletter Spieler", beschreibt sein erster Profi-Trainer bei Lille, Rene Girard, den Franzosen: "Er ist schnell, zweikampfstark, gut am Ball und beidfüßig. Außerdem ist er für sein Alter sehr reif."

Pavard im WM-Kader von Frankreich

Mit seinen Leistungen spielte sich Pavard in die französische Nationalmannschaft. Im November debütierte er für die Equipe Tricolore, im März stand er erstmals in der Startelf. Nationaltrainer Didier Deschamps ist überzeugt vom Stuttgarter und nominierte ihn in sein 23-köpfiges Aufgebot für die WM in Russland. Wie selbstverständlich.

Dort ist sogar ein Platz in der ersten Elf realistisch. In der Innenverteidigung sind zwar Samuel Umtiti vom FC Barcelona und Real Madrids Raphael Varane gesetzt. Deschamps stellte Pavard zuletzt jedoch rechts in der Viererkette auf. Im Zweikampf mit Monacos Djibril Sidibe sammelte der Stuttgarter am Freitagabend Argumente, als er im Testspiel gegen Italien den 1:0-Führungstreffer mit einer starken Flanke aus dem rechten Halbfeld vorbereitete.

Zwei Jahre nach seinem Wechsel in die 2. Liga könnte der 22-Jährige als Stammspieler eines absoluten Topfavoriten in die WM gehen. Und zu einem der Spieler werden, die die Scouts der internationalen Topklubs noch genauer als ohnehin schon unter die Lupe nehmen.

BVB, FC Bayern, Liverpool und Tottenham interessiert

Liverpool und Tottenham, aber auch der FC Bayern München und Borussia Dortmund sollen den 22-Jährigen bereits auf dem Radar haben. Das kolportieren verschiedene Medien seit Monaten. Tatsächlich dürfte das Interesse bei starken WM-Leistungen nicht abebben.

Pavard selbst tritt auf die Bremse: "Jetzt steht erstmal die WM an. Mein Berater und ich haben unsere Ideen. Wir möchten uns aber nicht unter Druck setzen lassen und schnell entscheiden."

Am längeren Hebel sitzt ohnehin der VfB. Der hält wegen des bis 2021 gültigen Vertrags ohne Ausstiegsklausel alle Trümpfe in der Hand. "Ben­ja­min Pa­vard ist ein­deu­tig auf dem Weg vom Aus­nah­me­ta­lent zum in­ter­na­tio­na­len Topspie­ler. Wir sind dabei aktuell der idea­le Klub für ihn - und das fühlt er auch", sagte Reschke und fügte hinzu: "Wenn in der Zu­kunft ein Klub der europäischen Top 10 In­ter­es­se hat, wer­den wir uns se­ri­ös zusammensetzen."

50 bis 60 Millionen Euro für Pavard?

Sollte dieses Zusammensetzen irgendwann stattfinden, das macht Reschke unmissverständlich klar, würde Pavard jedenfalls kein Schnäppchen werden. Für eine Ablöse von 30 Millionen Euro würde er "nicht ein­mal die Tür für ein Ge­spräch öff­nen."

Laut L'Equipe ruft der VfB mindestens 50 Millionen Euro für Pavard aus. Bild berichtet sogar von 60 Millionen. Sollte das kolportierte Preisschild stimmen, könnte Pavard im Sommer zu einem der teuersten Verteidiger aller Zeiten werden. Das Preisschild wäre ein Stempel, auf dem "Weltklasse" steht.

Doch geht es nach Reschkes Aussagen, hat Pavard im Sommer noch überhaupt kein Preisschild: "Wir sind Nullkommanull an einem Verkauf interessiert. Natürlich ist uns bewusst, dass Benjamin in der Zukunft bei einem Topklub landen wird. Zur neuen Saison aber eben noch nicht."

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