Schritte mit Fragen

Peter Bosz und der BVB haben den Supercup gegen den FC Bayern verloren
© getty

Borussia Dortmund hat den ersten echten Prüfstein unter Trainer Peter Bosz hinter sich. Der BVB holte gegen den FC Bayern München im Supercup 2017 nach 90 Minuten ein 2:2 (1:1), verlor jedoch das Elfmeterschießen. Die Umsetzung von Boszs Philosophie trägt noch einige Kinderkrankheiten in sich. Unklar bleibt daher, ob die Fortschritte der Mannschaft für einen ordentlichen Saisonstart ausreichen.

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Pressekonferenzen mit Peter Bosz als Trainer von Borussia Dortmund laufen bislang genauso ab, wie der Niederländer von den BVB-Angestellten beschrieben wird: ruhig und klar. Bosz analysiert behutsam, auch übt er noch an einer besseren deutschen Ausdrucksweise.

Das Frage-Antwort-Spiel hat bei jedem Trainer eine andere Qualität, auch seine Vorgänger Jürgen Klopp und Thomas Tuchel unterschieden sich voneinander. Klopp gab oft den Entertainer, Tuchel den verwissenschaftlichten Fußballlehrer.

Bosz hat bislang im Kern meist dasselbe gesagt: Seine Mannschaft mache mit jedem Spiel Schritte, konditionell sowieso in einer Vorbereitung, aber vor allem beim Verinnerlichen seiner Spielprinzipien.

Bosz: "Wir müssen noch besser werden"

Eine nachvollziehbare Aussage, doch wechselte sich Licht und Schatten in den Testspielen immer wieder ab. Mal klemmte es im Spielaufbau und der Offensive, dann haperte es am Defensivverhalten. Diese Wellenbewegung ist nichts Unnormales während der aktuellen Phase, in der den BVB-Spielern nun schlicht neue Inhalte vermittelt werden.

Die Frage, die Bosz ja selbst aufwirft, wenn er sagt, seine Philosophie umzusetzen benötige zunächst nicht abschätzbare Zeit, ist: Reicht die aktuelle Entwicklung der Dortmunder für einen ordentlichen Saisonstart aus? "Wir müssen noch besser werden. Aber das werden wir auch", sagte Bosz nach der Partie.

Mit Garantie kann das natürlich weder er noch sonst jemand behaupten, in gewisser Weise drängt die Zeit aber dann doch auch ein bisschen. Das Pokalspiel beim Underdog Rielasingen-Arlen in Freiburg sollte keine Hürde darstellen, doch in zwei Wochen steht schon die erste knifflige Aufgabe beim VfL Wolfsburg in der Bundesliga vor der Tür.

Wie konstant ist der BVB schon?

Bis dahin wird Bosz mit seiner Mannschaft weitere Schritte gegangen sein. Man kann im Dortmunder Spiel erkennen, wohin es gehen soll. Zumal zu bedenken ist, dass Bosz-Fußball nicht ausschließlich mit tiefem Gegenpressing zu charakterisieren ist.

Die Mehrzahl der Partien wird sich von einem Aufeinandertreffen mit Top-Teams wie dem FC Bayern unterscheiden. Der BVB wird häufig den Ball haben und gegen tief gestaffelte Defensivreihen klug und schnell kombinieren müssen. Die schnelle Rückeroberung des Balles ist dann ein kleinerer Teil des Spiels.

Nach den bisherigen Eindrücken ist jedoch fraglich, wie konstant der BVB Teilbereiche seines Spiels schon auf den Platz bringen kann, um letztlich die Spiele zu gewinnen. Die hoch im Feld stehende Formation birgt auch gegen defensive Gegner Risiken, einige solcher Szenen waren auch im Spiel gegen die Bayern zu beobachten.

BVB-Offensivbewegung noch nicht ausgereift

Verliert Dortmund im Spielaufbau zu schnell den Ball, ist es extrem wichtig, den Angriff zuvor ausreichend abgesichert zu haben und sich schnellstmöglich kompakt zu formieren. Das gelang der Borussia in einigen Spielphasen schon gut, auch das Pressing gegen den Ball klappte besonders in der ersten Viertelstunde gegen die Münchner gut. Greift es aber nicht und wird vom Gegner ausgehebelt, lässt es das Spielfeld größer werden.

Gegen den Rekordmeister hatten die Schwarzgelben Probleme, die Abstände zwischen den Innenverteidigern und den Mittelfeldspielern kleiner zu halten. Dort klafften große Lücken, die ein Segen für jedes gegnerische Umschaltspiel sein können. "Wir wissen, dass es schwer wird, wenn wir zwei Sekunden zu spät am Mann sind", sagte Sokratis nach dem Supercup.

Auch die Offensivbewegung ist noch unausgereift. Den Spielern fehlt es noch an der Feinabstimmung, um die Verantwortlichkeiten auf den jeweiligen Positionen zu kennen. Bislang wurde es, wie auch häufig im Vorjahr, meist nur dann wirklich gefährlich, wenn Ousmane Dembele und Pierre-Emerick Aubameyang ihre Füße im Spiel hatten.

Bosz: "Ein Trainer ist nie zufrieden"

Bosz sagte auf der Pressekonferenz im Signal Iduna Park, dass die Spieler momentan sowohl körperlich als auch geistig noch zu knabbern haben. Für die meisten der Akteure war es erst die zweite Partie über 90 Minuten. Daher sieht Sokratis, der am Samstagabend die Kapitänsbinde trug, den BVB aktuell auch bei "80 Prozent" angekommen.

Es ist ein Prozess, bei dem noch recht unklar erscheint, ob er neben Fortschritten auch gleich positive Ergebnisse mit sich bringt, wenn es ernst wird. Dortmund hat unter Bosz vier der sechs Testspiele nicht gewonnen.

Diese Bilanz ist in der Tat zweitrangig, Bosz legte bei aller Betonung von weiteren positiven Schritten, die die Mannschaft gegangen sei, auch immer wieder den Finger in die Wunde. "Das war richtig schlecht" oder "Eine große Enttäuschung" sind Zitate, die der Niederländer auch schon in das Fazit der Partien einbaute.

"Ein Trainer ist nie zufrieden. Ich bin es jedenfalls nicht", sagte Bosz am Samstagabend. "Wir sind erst einen Monat zusammen. Wir brauchen Zeit, das ist ganz normal", erklärte Sokratis. Wo zum Saisonstart die Wahrheit liegt, vielleicht ja mal wieder irgendwo dazwischen, ist die Frage.

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