Lasogga-Krise: Verfahren in Hamburg

Von Marc Hlusiak
Pierre-Michel Lasogga spielt beim HSV derzeit keine Hauptrolle
© getty

Pierre-Michel Lasogga ist beim Hamburger SV derzeit außen vor. Im System von Markus Gisdol findet sich der ehemalige Retter vom Dienst schwer bis gar nicht zurecht, schaffte es bereits mehrmals nicht in den Kader. Eine Situation, mit der weder der Spieler noch der Verein glücklich ist. Die Zeichen stehen auf Trennung, wäre da nicht ein Problem.

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2017 dürfte die zwölfte Kalenderwoche die bisher turbulenteste Zeit für Pierre-Michel Lasogga gewesen sein. Zuerst verpasste er Kyriakos Papadopoulos in einem Trainings-Zweikampf mit dem Griechen unabsichtlich eine Platzwunde an der linken Augenbraue, dann traf er im Testspiel gegen den Oberligisten Barmbek-Uhlenhorst zum 1:0 und wurde zum Protagonisten des ersten durch den Videobeweis aberkannten Treffers der DFB-Geschichte. Schlagzeilen über Schlagzeilen.

Es ist mittlerweile schon länger her, dass der Name des gebürtigen Gladbeckers aufgrund von Topleistungen in der Bundesliga, für die er vom HSV fürstlich entlohnt wird, in den Gazetten der Republik auftauchte.

Lasogga steht in Hamburg auf dem Abstellgleis. Unter Markus Gisdol hat er aktuell keine Chance auf einen Platz in der ersten Elf, stellt für den Angriff der Hanseaten keine Alternative dar.

Dabei ist der HSV für vieles, aber mit Sicherheit nicht für sein in regelmäßigen Abständen abbrennendes Offensivfeuerwerk bekannt. 28 Treffer aus 28 Spielen zieren die Bilanz der Nordlichter. Lasogga scheint trotzdem niemand zu vermissen.

Vom Helden zum Deppen

Das war mal anders. Nach einem Jahr als Leihspieler, in dem er den Bundesliga-Dino mit 13 Toren in 20 Spielen fast im Alleingang vor dem Abstieg bewahrte und sogar von Joachim Löw zur Nationalmannschaft eingeladen wurde, verpflichtete ihn der damalige Sportchef Dietmar Beiersdorfer Im Sommer 2014 für satte 8,5 Millionen Euro fest.

Vorausgegangen war ein zähes Transfer-Theater mit Michael Preetz und den Berlinern. In seinen Kontrakt schrieb man ihm ein Salär von 3,4 Millionen Euro pro Jahr - samt hoher Erwartungshaltung. Erfüllen konnte er sie nie.

Seit Lasogga Festangestellter des HSV ist, gelangen ihm nur noch zwölf Liga-Treffer. In der aktuellen Spielzeit netzte er noch gar nicht. Sein letztes Bundesligator erzielte er am 22. April 2016, beim Nord-Derby gegen Werder Bremen.

Aktuell geht es für den 25-Jährigen sowieso um viel elementarere Dinge als Tore. Er kämpft um seine Daseinsbrechtigung im HSV-Kader.

Gisdol setzt nicht auf Lasogga

Gisdol ließ ihn in den letzten Wochen kaum noch ran. In den letzten 16 Bundesligaspielen, von denen er drei aufgrund einer Oberschenkelverletzung verpasste, spielte er insgesamt 21 Minuten. "Im Moment sind andere Spieler vor ihm", erklärt Trainer Markus Gisdol die Situation.

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Von allen HSV-Spielern, die in dieser Saison mindestens 15 Mal im Kader standen, hat nur Luca Waldschmidt weniger Minuten auf dem Konto (405) als der 25-Jährige (461).

Doch wo hakt es beim einstigen Relegationsheld, der mit seinem Treffer gegen Greuther Fürth 2014 dafür sorgte, dass die Bundesliga-Uhr im Volksparkstadion noch heute läuft?

Lasogga hat es im Zusammenspiel mit den schnellen Außenspielern Filip Kostic und Nicolai Müller schwer, Schritt zu halten. Gisdols Taktik ist weniger auf den bulligen Strafraumstürmer ausgelegt, sondern vielmehr auf quirlige Angreifer wie Bobby Wood oder den jungen Michael Gregoritsch.

Das Spiel ist laufintensiv und beinhaltet konsequentes Gegenpressing - nicht die Stärke Lasoggas. Die Ergebnisse der letzten Wochen geben Gisdol Recht (13 Punkte aus den letzten sechs Spielen).

Lobende Worte von Todt

Den Kopf in den Sand stecken will Lasogga dennoch nicht. Das erkennt auch Beiersdorf-Nachfolger Jens Todt und hebt die Einstellung des Stürmers heraus. "Es ist positiv, wie Pierre mit dieser für ihn sehr schwierigen Situation umgeht. Er war in der Wahrnehmung hier mal richtig weit oben, jetzt hat er mitunter Schwierigkeiten, in den Kader zu kommen. Dennoch reagiert er gut", so Todt, der hinzufügt: "Charakterlich ist er ein Top- Junge."

Auch Gisdol teilt die Eindrücke Todts: "Er ist nicht stinkig oder lässt den Kopf hängen."

Die durchaus positiven Worte täuschen jedoch über die tatsächliche Lage hinaus, die alles andere als zufriedenstellend ist. Weder für den Spieler selber, der dringen Spielpraxis benötigt, noch für den HSV, dessen Großverdiener derzeit auf der Ersatzbank versauert.

Der Problem-Vertrag

Ein Wechsel im Sommer scheint der einzige Ausweg zu sein. Allerdings gibt es da ein Problem: sein hochdotierter Vertrag. Zwar ist Lasogga mit 25 Jahren im besten Fußballeralter und zudem körperlich topfit, ein Gehalt wie beim HSV wird jedoch kaum ein anderer Verein für ihn bezahlen. Und auch auf den Spieler persönlich wirken über drei Millionen Euro im Jahr nicht wirklich vertreibend.

Bis 2019 läuft der Vertrag des ehemaligen Herthaners noch. Sitzt er ihn aus, wird dieser den HSV rund 19 Millionen Euro gekostet haben. Lasogga selbst schweigt bislang zu seiner Situation, so auch seine Mutter und Beraterin Kerstin. Was das bedeutet, wissen nur die Protagonisten selber.

Pierre-Michel Lasogga im Steckbrief