"Dardai war eine Schlüsselentscheidung"

Michael Preetz hat mit Pal Dardai einen ehemaligen Teamkollegen zum Trainer gemacht
© getty

Michael Preetz erlebt seine sportlich erfolgreichste Zeit als Geschäftsführer von Hertha BSC. Im Interview spricht der 49-Jährige über die Wichtigkeit der Personalie Pal Dardai, die Pläne eines neuen Stadions, den Imagewechsel von der großmäuligen Hauptstadt zum innovativen Klub und die Zusammenarbeit mit Investor KKR.

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SPOX: Herr Preetz, ist die aktuelle Phase die angenehmste, seitdem Sie bei der Hertha im operativen Geschäft arbeiten?

Michael Preetz: Das ist sie ohne Frage. Wenn der sportliche Erfolg da ist, ist das Arbeiten angenehmer. Die letzte Saison und auch die laufende sind sehr erfolgreich. Insofern haben wir gerade eine gute Zeit.

SPOX: Was macht Sie optimistisch, dass die Mannschaft nicht wieder einen Einbruch in der Rückrunde erleidet?

Preetz: Zunächst müssen wir alles investieren, um unter dem Weihnachtsbaum so viele Punkte wie möglich liegen zu haben. Natürlich haben wir uns mit der letzten Rückrunde auseinandergesetzt. Wir haben unsere Schlüsse daraus gezogen und sind darauf vorbereitet, wenn es soweit sein sollte. Im Moment liegt der Fokus aber klar auf dem Rest der Hinrunde.

SPOX: Durch das Verpassen der Europa League hatten Sie im Sommer nicht das erhoffte Budget zur Verfügung. Entsprechend gab es nicht die größten Sprünge auf dem Transfermarkt. Ist die Tatsache, dass der Kern der Mannschaft sehr eingespielt ist, eine Stärke?

Preetz: Auf jeden Fall. Im Sommer hatte höchste Priorität für uns, dass wir den Kern unserer Mannschaft zusammenhalten. Es gab Anfragen für den einen oder anderen Leistungsträger. Uns war aber übrigens auch ohne die Europa League klar, dass wir die Mannschaft nur punktuell verstärken können. Die Rahmenbedingungen hätten die Einnahmen aus der Europa League leider auch nicht dramatisch vergrößert. Insofern haben wir einen klaren Plan verfolgt, uns gezielt in bestimmten Bereichen zu verbessern. Wir haben lange geschaut, da es für einen Verein wie Hertha darum geht, die überschaubar vorhandenen Mittel so effizient wie möglich einzusetzen.

SPOX: Kontinuität ist auch auf der Trainerposition wichtig. Wie sehen Sie die Entwicklung von Pal Dardai seit seinem Amtsantritt?

Preetz: Er war ein blutjunger Trainer, der aus dem U-Bereich kam. Natürlich hatte er die Erfahrung von der ungarischen Nationalmannschaft, aber mit den täglichen Abläufen als Trainer im Profibereich bei einem Verein war er noch nicht so vertraut. Er hat sich über die Wochen, Monate und Jahre in allen Bereichen weiterentwickelt und kann bereits jetzt auf den Erfahrungsschatz der letzten zwei Jahre zurückgreifen. Vom ersten Tag an hat er seine Arbeit bei uns erfolgreich gestaltet. Für uns war das eine Schlüsselentscheidung auf einer der wichtigsten Positionen in einem Verein. Wir sehen uns absolut darin bestätigt, dass unsere Wahl die richtige war.

SPOX: Wie eng ist Ihr Verhältnis?

Preetz: Wir kennen uns seit 20 Jahren und haben lange Zeit als gute Kameraden gemeinsam auf dem Fußballplatz gestanden. Wir hatten nie eine Freundschaft in dem Sinne, dass wir mit unseren Familien gemeinsame Dinge unternommen haben. Aber unser Verhältnis war immer sehr gut und respektvoll. Das sorgt für eine Verlässlichkeit und für eine hohe Berechenbarkeit.

SPOX: Wenn wir beim Thema Kontinuität bleiben, kommen wir auf Ihre Person. Sie sind mittlerweile seit 20 Jahren bei der Hertha, Rekordtorschütze und seit Ihrem Karriereende in verantwortlicher Position. Können Sie sich ein Leben ohne Hertha BSC überhaupt noch vorstellen?

Preetz: Ich war in der vergangenen Woche auf dem 65. Geburtstag unseres Teammanagers Nello di Martino. Er ist seit über 40 Jahren hier tätig. Das ist ein Hertha-Leben. (lacht) Bei mir hat es sich so entwickelt. Bevor ich zu Hertha gekommen bin, hatte ich eher eine wechselhafte Laufbahn mit einigen Stationen. Ich kam 1996 und ich bin 2016 immer noch da. In so einer langen Zeit entsteht natürlich etwas ganz Besonderes.

SPOX: Und zwar?

Preetz: Eine sehr hohe Identifikation mit dem Klub und eine große Liebe zu dieser Stadt. Da werden jetzt die meisten sagen: Das ist nicht so schwer, es ist ja auch Berlin. Aber es gibt auch Menschen, die sich mit dieser Stadt schwer tun, vor allem mit ihrer Größe. Ich war vom ersten Tag an fasziniert von dieser Stadt und erlebe seit 20 Jahren ihren Wandel. Als ich gekommen bin, war der Potsdamer Platz Europas größte Baustelle. Bis heute ist nicht nur dort eine Menge passiert. Hertha und Berlin nehmen einen großen Platz in meinem Leben ein.

SPOX: Im September haben Sie Ihren Vertrag bis 2019 verlängert. Was sind Ihre Ziele für die nächsten Jahre?

Preetz: Wichtig ist, dass wir uns sportlich weiter stabilisieren. Die letzte und die aktuelle Saison sind vielleicht noch unter Überraschung zu verbuchen. Wir wollen uns aber weiter in der oberen Tabellenhälfte etablieren und mit Blickrichtung auf die nächsten Jahre die Rahmenbedingungen schaffen, dass wir konstant um diese Plätze kämpfen können, in denen wir uns im Moment bewegen.

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SPOX: Sie haben schon desöfteren den Traum von einem Zuschauerschnitt um die 60.000 ausgesprochen. Was macht es im Standort Berlin so schwierig, die Leute ins Stadion zu locken?

Preetz: Vor allem das enorme Angebot in dieser Stadt. In Berlin finden an jedem Wochenende über 1000 Veranstaltungen statt. Es gibt Regionen in Deutschland, an denen es am Wochenende nur den Bundesliga-Fußball gibt. Da ist es nur logisch, dass die Menschen dort massenhaft hinpilgern. Wir sind mit unseren 50.000 Zuschauern im Schnitt glücklich, liegen damit auf Platz sechs der Zuschauertabelle, aber...

SPOX: ...Sie sehen noch Potenziale.

Preetz: Wir haben ein Drittel Kapazität unseres Stadions frei. Unser Anspruch muss sein, diese Lücke zu schließen. Das ist eine große Aufgabe. Zumal auch sportlich in dieser Stadt ein großer Konkurrenzkampf um die Zuschauergunst existiert. Berlin ist in allen anderen Sportarten in den jeweils ersten Bundesligen vertreten. Darüber hinaus gibt es im kulturellen Bereich unzählige Veranstaltungen. Das macht es zumindest nicht einfacher. Wir werden zwei Dinge tun müssen, um unserem Ziel von 60.000 Zuschauern näher zu kommen: Wir müssen uns sportlich idealerweise auf einem Level, wie wir es im Moment abrufen, konsolidieren. Andererseits müssen wir uns auch darum bemühen, neue Fanpotenziale und Zuschauergruppen zu gewinnen.

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