Eine Unsitte wird gang und gäbe

Tayfun Korkut wurde bei Hannover 96 entlassen
© getty

Hannover 96 hat Tayfun Korkut beurlaubt. Eine Entscheidung, die nach 13 Spielen ohne Sieg sportlich absolut vertretbar ist. Die Art und Weise hinterlässt aber mehr als einen bitteren Nachgeschmack - und ist längst kein Einzelfall. Ein SPOX-Kommentar von Benjamin Wahlen.

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"Wir ziehen das mit Herrn Korkut bis Saisonende durch. Es wird bei uns in dieser Saison keinen Trainerwechsel geben", sagte Hannovers Präsident Martin Kind vor etwas mehr als zehn Tagen. "Sie können davon ausgehen, dass Tayfun Korkut auch gegen Hoffenheim noch auf der Bank sitzen wird", lautete das Treuebekenntnis Dirk Dufners nach der herben 0:4-Niederlage in Leverkusen. Zwei Tage später sieht die Welt in Niedersachsen ganz anders aus: Tayfun Korkut ist nicht mehr länger Trainer bei Hannover 96.

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Eine Serie von 13 Spielen ohne Erfolg und der Abfall auf Tabellenplatz 15 kosteten den 41-Jährigen den Job. Die Entscheidung der Vereinsführung, der Talfahrt durch eine Veränderung auf der Trainerposition entgegenzuwirken, ist ebenso vertret- wie nachvollziehbar. In Leverkusen präsentierten sich die Niedersachsen nicht nur komplett ideen- und hilflos, sondern ließen in der Schlussphase auch den nötigen Kampfgeist vermissen und legten die Körpersprache eines Absteigers an den Tag. Bezeichnend dafür waren die Szenen nach Abpfiff, als Schmiedebach sich dem Mannschaftskreis abwinkend entzog und anschließend mit Andreasen aneinandergeriet.

Was jedoch bitter aufstößt, ist der Umgang mit dem Ex-Trainer und die Informationspolitik des Vereins. Kind sprach Korkut öffentlich eine Jobgarantie aus und unterzeichnete nur wenige Tage später seine Freistellung. Auch Dufner äußerte sich pro Korkut und begann wenige Stunden später mit der Suche nach einem Nachfolger. Eine Unsitte, die mittlerweile gang und gäbe im Profisport ist.

Zeiten von Lattek und Co. vorbei

In Hamburg versicherte Dietmar Beiersdorfer, den Bundesliga-Dino mit Peter Knäbel auf der Bank retten zu wollen und stellte nur zwei Spieltage später Bruno Labbadia vor. Beim BVB warnte Hans-Joachim Watzke davor, zu eindimensional in Richtung Thomas Tuchel zu denken, und gab selbigen kurz darauf als neuen Trainer des BVB bekannt. Die Freistellungen von Jens Keller auf Schalke und Joe Zinnbauer beim HSV wurden von einem ähnlichen Beigeschmack begleitet.

Ob ein Trainerwechsel in Hannover für eine Trendwende sorgen wird, ist völlig offen. Peter Neururer, der als heißester Kandidat gilt, gehört immerhin als einer der letzten aktiven zur aussterbenden Art der Feuerwehrmänner, die sich einst regelmäßig in den Schlussphasen der Saisons auf den Trainerbänken der abstiegsgefährdeten Klubs wiederfanden.

Die Zeiten, als Jörg Berger, Hans Meyer oder Udo Lattek in höchster Not zur Hilfe gerufen wurden, sind natürlich längst vorbei. Damals waren die Vereinsbosse auch wesentlich vorsichtiger mit Jobgarantien und ließen sich nach haarsträubenden Niederlagen maximal zu einem ‚Wir werden uns gemeinsam an einen Tisch setzen, die Situation analysieren, die möglichen Szenarien durchgehen und dann eine Entscheidung im Sinne des Vereins treffen' hinreißen. Das war zwar wunderbar nichtssagend - aber zumindest nicht vorsätzlich falsch.

Tayfun Korkut im Steckbrief

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