Formel 1 - Ferrari verpatzt Vettels Strategie beim Singapur-GP: Und Mercedes lacht sich tot

Sebastian Vettel fährt seit 2015 für Ferrari in der Formel 1.
© getty

Ferrari hat Sebastian Vettel beim Großen Preis von Singapur mit einer verpatzten Strategie jegliche Siegchance genommen. Es war nicht der erste Fehler dieser Art, er könnte eine Vorentscheidung im Formel-1-Titelkampf gewesen sein. Ganz zur Freude von Rennsieger Lewis Hamilton und Mercedes.

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Schon während des Rennens war Mercedes nach Lachen zumute. Gerade hatte Ferrari einen Funkspruch von Lewis Hamilton falsch verstanden und Sebastian Vettel ungläubig weitergegeben, dass dieser mit den Reifen zu kämpfen hätte. In Wirklichkeit sprach Hamilton allerdings vom noch vorhandenen Potenzial seiner Pneus - und damit genau vom Gegenteil.

Also ließ es sich die Mercedes-Mannschaft nicht nehmen und zog die roten Rivalen bei Twitter auf: Valtteri Bottas sei nach seinen Reifen gefragt worden, heißt es dort. Seine Antwort: "Die Reifen sind sehr gut!" Die Anmerkung der Silberpfeile dazu mit entsprechendem Smiley: "Oder meinte er 'nicht' sehr gut ..."

Dass Humor in den sozialen Netzwerken keine Seltenheit ist, weiß man natürlich bei Mercedes. Trotzdem dürfte es dem Team an diesem Wochenende besonders leicht gefallen sein, gute Laune zu verbreiten. Immerhin war Hamiltons falsch verstandender Funkspruch nicht Ferraris einziger Fauxpas. Nein, es war der noch unbedeutendste Fehler der Italiener, die nach der Überraschungspleite beim Heimspiel in Monza die nächste Packung kassierten.

Kritik an Ferrari: "Warum in drei Teufels Namen?"

Viel entscheidender: Strategie und Reifenwahl. Als einziges der Topteams entschied man sich bei der Scuderia dafür, nur einen Satz der härtesten Mischung, den Softs, mit nach Singapur zu nehmen. Dieser konnte am Freitag nicht getestet werden und den Ingenieuren fehlte folglich jegliche Referenz für das Rennen.

Ein großer Nachteil, wie sich am Sonntag herausstellte. Denn während Hamilton und Max Verstappen ihren zweiten Stints auf den Softs absolvierten, schnallte Ferrari bei Vettel die Ultrasoft-Reifen auf. "Warum in drei Teufels Namen lasse ich Sebastian in eine ganz kritische Reifenwahl hineinlaufen?", wunderte sich der RTL-Experte Christian Danner über die Entscheidung: "Das war sonnenklar, dass er mit den Ultras nicht attackieren kann. Ein klarer Strategie-Fehler, denn Zweiter wäre er auf jeden Fall geblieben, wenn er wie die beiden anderen (Hamilton und Verstappen; Anm. d. Red) gefahren wäre. Bei Mercedes haben die sich doch totgelacht."

Doch nicht nur die Wahl der Reifen sorgte für Fragezeichen. Auch der Zeitpunkt des Boxenstopps war suboptimal. Vettel versuchte mit einem Undercut, an Hamilton vorbeizukommen. Tatsächlich lief er aber auf Perez auf und verlor dabei so viel Zeit, dass sich der nach dem Start überholte Verstappen über die Strategie wieder vorbei schlich.

Zwischenzeitlich sah es sogar so aus, als müsste Vettel noch ein zweites Mal an die Box. Nur, weil es ihm gelang, die Ultras über 47 Runden am Leben zu halten - womit er ganz nebenbei einen neuen Rekord aufstellte -, blieb ihm dieser zweite Rückschlag erspart.

Boxenstrategie beim Singapur-GP:

FahrerRunde des BoxenstoppsReifenwechsel
Lewis Hamilton15von Hypersoft auf Soft
Max Verstappen17von Hypersoft auf Soft
Sebastian Vettel14von Hypersoft auf Ultrasoft

Ferrari und Sebastian Vettel patzen immer wieder

"Ich hatte keine Chance, wir waren schon wieder zu spät", murrte Vettel nach dem Rückfall auf Rang drei ins Team Radio, nur um später zu klagen: "Wir haben uns selbst Ärger eingebrockt. Es hat nicht geklappt, es hat überhaupt nicht geklappt. So, wie wir hier aufgetreten sind, hatten wir keine Chance. Ich habe nur noch probiert, mich über Wasser zu halten." Als Kritik gegen seinen Rennstall wollte der Heppenheimer seine Worte jedoch nicht verstanden haben. Er "werde das Team immer verteidigen", stellte er klar.

Dabei wird er genau wissen, dass die Mission WM-Titel mit dem Ergebnis aus Singapur immer mehr zur "Mission Impossible" verkommt. Sechs Rennen vor Schluss ist Hamilton um 40 Punkte enteilt. Damit kann Vettel zwar immer noch aus eigener Kraft Weltmeister werden, die Chancen stehen hierfür aber denkbar schlecht.

Vor allem, wenn man die Fehleranfälligkeit der Vettel-Ferrari-Kombo in diesem Jahr sieht: Beim Spanien-GP patzte der Kommandostand, auch beim Großen Preis von Deutschland entschied die Strategie-Abteilung nicht tadellos. Vettel wiederum hatte nicht zuletzt in Frankreich und Hockenheim Aussetzer.

Und die Gegenseite? Die brilliert aktuell in allen Bereichen. Das Taktik-Ressort von Mercedes handelt klug, die Zuverlässigkeit stimmt und Hamilton fährt wieder mal in der Form seines Lebens. Der letzte Fehlgriff datiert von Anfang Juli, als Hamilton sein österreichisches Fiasko erlebte und einen Nuller schrieb.

Ferrari klagt bei Twitter über Langeweile

Von derartigen Rückschlägen war Hamilton in Singapur weit entfernt. Nachdem Ferrari Vettel ausschaltete, fuhr der Engländer ein über weite Strecken einsames Rennen.

Spannung und einen Zweikampf um den Sieg wie noch vor zwei Wochen in Italien gab es für die Zuschauer auf dem Marina Bay Street Circuit dabei nicht zu sehen. Und so kürte Ferrari bei Twitter die Langeweile zum Sieger in Singapur - ein Post, den die Humor-Mannschaft von Mercedes wohl mit einem Grinsen gelesen haben wird.

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