Bestechung oder Erpressung?

SID
Bernie Ecclestone ist zum dritten Mal verheiratet. Die Glückliche: Fabiana Flosi
© getty

Nach Uli Hoeneß steht ab Donnerstag der nächste prominente Sportmanager vor dem Münchener Landgericht: Formel-1-Boss Bernie Ecclestone muss sich wegen der Schmiergeldaffäre um die bayerische Landesbank verantworten. Der bestochene BayernLB-Risikovorstand Gerhard Gribkowsky gestand bereits vor zwei Jahren und ist verurteilt.

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Die wichtigsten Fragen zum Prozess

Worum geht es?

Bernard Charles Ecclestone wird Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Der Engländer hat dem früheren Risikovorstand der BayernLB, Gerhard Gribkowsky, genau 43.970.772 US-Dollar zukommen lassen. Die Gelder stammten aus seiner eigenen Kasse sowie aus der Stiftung seiner Ex-Frau Slavica Ecclestone. Es geht dabei um die Frage, warum Ecclestone die Millionen überwies. Wurde er von Gribkowsky erpresst, wie er selbst behauptet? Oder bestach er den Vorstand der Landesbank?

Wie verteidigt sich Ecclestone?

Der 83-Jährige schloss vor dem Prozess ein Eingeständnis der Schuld aus und lehnte einen Deal ab, der das Verfahren verkürzt und das Strafmaß gesenkt hätte. Er gibt an, dass Gribkowsky ihn erpresste. Der gebürtige Bremer habe gedroht, ihn bei den britischen Steuerbehörden anzuschwärzen, weil nicht seine Ex-Frau den maßgeblichen Einfluss auf die Stiftungen hat, sondern er selbst. Als Ecclestone 1996 sein Vermögen an Stiftungen in der Schweiz und Liechtenstein überwies, sparte der reiche Geschäftsmann riesige Geldbeträge. Hätte Großbritannien ihn schuldig gesprochen, hätten Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe gedroht. Die Staatsanwaltschaft führt an, Gribkowsky habe keine Beweise für die Steuerhinterziehung gehabt.

Welche Strafe droht?

Wird Ecclestone für schuldig befunden, drohen ihm achteinhalb bis zehn Jahre Haft. Ob er dann aber wirklich hinter Gitter muss, ist noch unklar. Eine Haftstrafe dient zur Resozialisierung, bei einem Rentner ist zudem nicht sicher, ob er gesundheitlich überhaupt haftfähig ist, die Strafe anzutreten.

Wie läuft der Prozess ab?

Insgesamt sind zunächst 26 Verhandlungstage bis zum 26. September 2014 angesetzt. Anfangs wird im Saal A101 verhandelt, wo sonst der NSU-Prozess stattfindet. 18 Bände Ermittlungsakten, 14 Sonder- und 24 Beweismittelbände müssen durchgearbeitet werden. 234 Seiten umfasst die Anklageschrift, 39 Zeugen sind darin aufgeführt - Gribkowsky ist der Hauptbelastende.

Wer ist der Richter?

Peter Noll heißt der Richter der 5. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München I. Er ist derjenige, der im Juni 2012 Gribkowsky wegen Steuerhinterziehung, Bestechlichkeit und Untreue für achteinhalb Jahre ins Gefängnis brachte. Beim Urteil erwähnte er, Ecclestone habe "Charme und Raffinesse" genutzt und Gribkowsky "ins Verbrechen geführt". Noll kommuniziert fast ausschließlich Deutsch, Anglizismen lehnt er ab, englische Schriftstücke verliest er erst gar nicht. Er wolle den Zuhörern im Saal seine schlechte Aussprache ersparen. Beim Gribkowsky-Prozess begrüßte er Ecclestone mit den Worten "Grüß Gott in Bayern"- die Dolmetscher werden einiges zu tun haben.

Kommt Ecclestone nach München?

"Mir geht es darum, meine Unschuld zu beweisen, deshalb werde ich im Falle eines Bestechungsprozesses nach München kommen", verkündete der Greis noch bevor die Anklage zugelassen wurde. Freiwillig ist das aber nicht. Der Angeklagte in einem Strafprozess muss erscheinen. "Die Hauptverhandlung hat stets in Anwesenheit des Angeklagten stattzufinden", erklärte eine Gerichtssprecherin. Kommt Ecclestone nicht, wird ein Haftbefehl erwirkt, eine Ausreise aus Großbritannien und ein Besuch von Formel-1-Rennen wäre dann nicht mehr möglich. Lediglich ein Amtsarzt könnte ihn wegen gesundheitlicher Probleme von seiner Anwesenheitspflicht entbinden.

Welche Auswirkungen hätte eine Verurteilung für die Formel 1?

Das Gebilde der Formel 1 mit seinen Verträgen und Absprachen bestünde weiter, allerdings durchschaut die wohl nur Mr. E selbst. Ecclestone müsste aber zurücktreten, weil sonst Mercedes weg ist. Die Stuttgarter haben sich ein Kündigungsrecht gesichert. "Wir werden diese Klauseln auch nutzen, wenn es nötig ist", erklärte Christine Hohmann-Dennhardt, Daimler-Vorstand für Integrität und Recht. Also bräuchte die Rennserie einen neuen Geschäftsführer für das Tagesgeschäft, unter anderem wurde Red-Bull-Teamchef Christian Horner als Kandidat gehandelt. Toto Wolff spricht dagegen davon, dass die Aufgaben aufgeteilt werden sollen.

Welche Auswirkungen hätte eine Verurteilung für Ecclestone?

Hier sind die Auswirkungen ebenso groß. Der arbeitsbesessene Ecclestone würde zum Rentner, seine Machtposition würde er verlieren. Zudem deutet eine Verurteilung in München darauf hin, wie die Klage der Landesbank vor dem Londoner High Court ausgehen könnte. Sie fordert die fehlenden 400 Millionen Dollar als Schadensersatz in einem Zivilprozess von Ecclestone zurück.

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