Schalke, Schlachten und ein Wunder

Das DEB-Team gewann bei den Olympischen Spielen 1976 mit 4:1 gegen die USA
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Am Samstag startet das DEB-Team mit dem Spiel gegen Frankreich (15.15 im LIVETICKER) in die WM in Russland. SPOX nutzt die Gelegenheit und blickt auf grandiose und kuriose Auftritte deutscher Eishockey-Nationalteams zurück. Mit dabei: Das Torquotienten-Wunder von Innsbruck, die Schlacht von Mannheim, der Schalke-Rekord, Tauwetter und das Kunststück, mit fünf Klatschen und nur einem Sieg eine Silbermedaille zu gewinnen.

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Das Wunder von Innsbruck

Olympia 1976 in Innsbruck - Bronze

Innsbruck, 1976. Mit miserablen Ergebnissen in der Vorbereitung - unter anderem eine Niederlage gegen Rumänien - und dem einhergehenden Spott der Presse im Gepäck reiste das DEB-Team zu den Winterspielen. In der Heimat war man sich sicher: Diese Mannschaft würde im besten Fall keine allzu große Schande über das Land bringen.

Doch es kam anders. Deutschland qualifizierte sich durch einen 5:1-Sieg gegen die Schweiz für die in einer Sechsergruppe im Modus jeder gegen jeden ausgetragene Finalrunde. Einem 7:4-Sieg gegen Polen folgten Niederlagen gegen Finnland (3:5), die Sowjetunion (3:7) und die Tschechoslowakei (4:7). Trotzdem bestand vor dem letzten Spiel noch die minimale Chance auf Bronze.

Dass der 14. Februar zum wohl größten Tag der bisherigen deutschen Eishockey-Geschichte werden könnte, glaubte trotzdem niemand. Schließlich musste die USA mit vier Toren Vorsprung geschlagen werden - meinte man zumindest. Die Truppe um Erich Kühnhackl spielte grandios auf und führte kurz vor Schluss mit 4:1.

Noch ein Treffer fehlte, die Spieler flehten Bundestrainer Xaver Unsinn an, Torhüter Toni Kehle für einen zusätzlichen Feldspieler vom Eis zu nehmen. Doch der 2012 verstorbene Füssener blieb stur. "Nein, nein. Der bleibt drin. Das lassen wir jetzt so", bekamen die fassungslosen DEB-Cracks zu hören. Es blieb beim 4:1.

"Schade, schade, schade. Es ist vorbei. Die Bronzemedaille haben sie nicht erreicht", verkündete der TV-Kommentator Minuten später. "In der Kabine herrschte Totenstimmung", erinnerte sich Lorenz Funk im Film "0,041 - das Eishockey-Wunder von Innsbruck". Was die Mannschaft nicht ahnte: Vor der Kabine rechneten die Olympia-Verantwortlichen wie wild - und kamen zu einem für alle Seiten völlig unerwarteten Ergebnis.

Mit Deutschland, Finnland und den USA waren hinter Olympiasieger Sowjetunion und Silbermedaillengewinner Tschechoslowakei drei Nationen punktgleich, es kam zum direkten Vergleich. Die USA hatten das schlechteste Torverhältnis und waren raus. Das DEB-Team wies eine Tordifferenz von 7:6 (Quotient 1,166) auf, Finnland 9:8 (1,125). Die Zahl 0,041 machte den Unterschied. "Torquotient, das hatte keiner von uns schreiben können", sagte Kapitän Alois Schloder.

Und der Landshuter weiter: "Einige Minuten später kam unser Sportdirektor Roman Neumayer in die Kabine und sagte: 'Wir haben Bronze.' Dann gab es kein Halten mehr. Einige stürmten raus aus der Dusche, andere hatten noch ihre Schlittschuhe an, es war ein Wunder, dass keiner die Zehen ab hatte."

Die anschließende Party soll eine der intensivsten gewesen sein, die je von einer deutschen Mannschaft gefeiert wurde. Noch auf dem Weg zur Siegerehrung übergab sich Udo Kießling in einen Topf mit einer Kunst-Palme. "Das muss man sich mal vorstellen. Da stehst du neben den Stars aus der Sowjetunion und der Tschechoslowakei auf dem Siegerpodest - als deutscher Eishockey-Spieler!", sagte Schloder.

"Das hat sich so bei mir in meinem Leben eingeprägt, dass man Dinge schaffen kann, die eigentlich unmöglich sind. Und das ist geblieben von '76 bis jetzt", so der damalige Nationalspieler und heutige DEB-Präsident Franz Reindl.

Und das, obwohl die Mannschaft unter Unsinn "vogelwildes Eishockey gespielt hat", wie Klaus Auhuber erklärte. Reindl drückte es etwas diplomatischer aus: "Unsinn hatte die Taktik, uns Freiraum zu lassen." Freiraum, um das Eishockey-Wunder von Innsbruck zu schaffen.