Der Kampf gegen das Stufenmonster

Von Martin Gödderz
Auf die Treppe, fertig, los! SPOX-Reporter Martin Gödderz im Kampf mit dem Wohnturm
© SPOX

Auf die Treppe, fertig, los - so lautete das Motto des erstmals ausgetragenen Turmlaufs im Wohnturm der Deutschen Sporthochschule in Köln. 26 Stockwerke, 409 Meter, 77 Höhenmeter galt es zu bewältigen. Ich nahm mich dieser wahnwitzigen Herausforderung an. Mit dabei: Die Laureus Sport for Good Foundation.

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Eines vorneweg: Ich mag Treppen nicht so besonders. Wenn es irgendwie möglich ist, nehme ich den Aufzug oder die Rolltreppe. Sportsgeist und Wettkämpferherz trieben mich allerdings trotzdem zu der wahnwitzigen Idee, mich beim Premiere-Turmlauf an der Deutschen Sporthochschule in Köln anzumelden. Organisiert wurde das Event von einer Gruppe Bachelor-Studenten an der DSHS im Rahmen eines Seminars. Loyal wie ich bin musste ich meine Kommilitonen da ja irgendwie unterstützen.

Hier war ich also nun. Ich sollte das äußerst kahle, 26 Etagen hohe Treppenhaus des Studentenwohnheimes direkt an der Spoho in möglichst kurzer Zeit erklimmen. Ein Sieg? Völlig utopisch. Ich wollte einfach nur unbeschadet da oben ankommen und einmal Höhenluft schnuppern. Zudem unterstütze ich ja mit meiner Startgebühr, die mich erst für die Teilnahme am Turmlauf berechtigte, den guten Zweck der Laureus Sport for Good Stiftung, der auch jegliche Gewinne aus Kuchenverkauf und Tombola vor Ort zugute kamen.

Meinem Faible für Treppen entsprechend fiel mein vorheriges Training für den Lauf aus. Das Testgelände bei jeglichen "Trainingseinheiten" war mein Treppenhaus. Drei Stockwerke hoch. Das musste ich ja gezwungenermaßen ohnehin ständig hoch und runter laufen. Das muss reichen.

Kaffee für die Kraftreserven

Vorbereitet hatte ich mich, wie das echte Hochleistungs-Treppenläufer eben tun: Morgens ordentlich süß gefrühstückt, Kaffee statt Wasser im Magen und gefühlte zwanzig Sekunden warmgelaufen - so ging ich an den Start. Wird schon. Ich bin ja auch schließlich ein erfahrener Haudegen im Treppensteigen und habe immerhin den Kölner Dom und den Tafelberg in Kapstadt per Stufen bezwungen. Die 77 Höhenmeter des Spoho-Turms? Nichts dagegen!

Als ich dann aber in den Startlöchern stand, die Uhr unaufhörlich tickte und die Zuschauer die Sekunden von zehn herunter zählten, da wusste ich: Jetzt wird es ernst. Du willst da nicht nur hoch, du willst auch schnell sein.

Entsprechend beschwingt lief ich aufs Treppenhaus zu. Ganz im Sinne meiner brillianten Rennstrategie, versuchte ich es in den ersten Stockwerken erst einmal langsam angehen zu lassen. Nach der dritten Etage merkte ich jedoch, wie leicht mir das doch alles fiel.

Sechs große Schritte, Schwung vom Geländer mitnehmen - schon war das nächste Stockwerk erreicht. So ging das dann auch bis ungefähr zur Hälfte.

Blauer als der Ozean

Doch dann, plötzlich wie ein Blitz, traf mich die Erschöpfung. Die Profi-Sportler nennen es "Blaumeise". Putzmunter die Treppen hochrennend rechnet man schon gar nicht mehr damit, irgendwann einmal langsamer zu werden. Und dann erwischt es einen doch. Während ich den 30 Sekunden vor mir gestarteten Läufer überholte, der mir wohlgesonnen und keuchend Platz machte, stand ich schon knapp vor dem Kollaps. Das war in Etage 18. Frei nach Oliver Kahn hieß es aber: "Weiter, immer weiter!"

So schnell die ersten acht Stockwerke genommen waren, so höllisch wurden die letzten acht. Es folgte eine schier unendlich lange Zeitspanne von Etage zu Etage, dazu hoffnungslos übersäuerte Muskeln und die totale Trance. Zwei Etagen vor dem Ziel dachte ich: "Aus! Ende, jetzt ist alles vorbei". Und irgendwie schaffte ich es tatsächlich, mich mit Hilfe des Geländers ins Ziel zu hangeln. Der erste halbwegs klare Gedanke, den ich wieder fassen konnte: "Wasser!!!!"

Banane? Nein, danke!

Dazu drückte mir eine junge Dame, die ich nur verschwommen wahrnahm, unmittelbar nach Zielankunft eine Banane in die Hand. Das war ja nett gemeint, doch ich war zu diesem Zeitpunkt ziemlich froh, meinen aktuellen Mageninhalt in mir zu behalten. Was ich schon ab Stockwerk 15 leise ahnte, das wurde im Ziel zur Gewissheit: Ich habe das Ding hier massiv unterschätzt!

Mit letzter Kraft rettete ich mich auf den Balkon des Gebäudes. Frische Luft. Tiefe Atemzüge. Zehn Minuten lang. Dabei war ich nicht der einzige, befand mich in einem Rudel von schwitzend-keuchenden Treppenläufern, einer Armee der Ausgelaugten. Als ich mich wenigstens so halb wieder erholt hatte, da wusste ich, dass sich der Lauf aufs oberste Stockwerk doch irgendwie gelohnt hatte: Ein traumhaftes Bild von Köln eröffnete sich mir, gleich vor mir das RheinEnergie Stadion, im Hintergrund der Kölner Dom.

Die Feuerwehr macht auch mit

Wieder aufnahmefähig erkundete ich mich nach meiner Zeit: 2:16 Minuten. Das war doch gut, oder? Jedenfalls besser, als ich erwartet hätte. Angefühlt hatte es sich wie 10 Minuten im Fegefeuer. Später erfuhr ich, dass es für einen beachtlichen 14. Platz in meiner Klasse gereicht hatte. Das machte mich ein wenig stolz. Der Sieger war mit einer Zeit von 1:53 auch gar nicht einmal so weit von mir entfernt, und der war im Leichtathletik-Verein.

Was mich allerdings komplett aus der Fassung brachte, waren die Feuerwehrmänner, die sich kurz nach meinem Lauf bereit machten. Nicht um den Brand in meinen Beinmuskeln zu löschen, sondern vielmehr um diesen Turm in voller Ausrüstung mit Gasflasche und Co. zu bezwingen. Am liebsten hätte ich sie vorgewarnt, dass sie dort Höllenqualen erleiden würden. Doch die Männer von der Feuerwehr freuten sich schon - die machen sowas regelmäßig. Masochisten? Ich weiß es nicht. Soweit ich weiß, sind alle lebendig oben angekommen.

Das skurrilste Ereignis des Laufes ereignete sich laut Mitorganisator Markus Kaufmann dann während des Feuerwehrlaufes. "Ein Radioreporter hat sich sehr spontan einem Feuerwehrlauf angeschlossen. Ohne Vorbereitung und ohne Sportkleidung ist er mit seinem Mikrofon hinter den Feuerwehrtrupp hinterher gehechelt. Eine sehr merkwürdige Situation", so Kaufmann.

Veranstaltung ein "voller Erfolg"

Zusammen mit den Feuerwehrmännern brachte es die Veranstaltung letztendlich auf 100 Teilnehmer, die gemeinsam vor allen Dingen für den guten Zweck der Laureus Sport for Good Stiftung liefen.

"Insgesamt ein voller Erfolg", meinte Kaufmann, der zugab: "Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken über die Umsetzung des Events gemacht, was die Zeitmessung, die Tombola oder die generelle Organisation betroffen hat. Alles hat funktioniert. Und ich bin stolz auf mein Team, dass wir über diese lange Organisationszeit alles umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben."

Bei mir hat jedenfalls auch alles geklappt, was ich mir vorgenommen hab und ich darf mich ab sofort stolz "Turmbezwinger" nennen. Keine Frage, ich steige ab sofort aber wieder in den Aufzug.

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