„Jetzt geht es gerade so richtig lässig los“ – Der Boom der Hobby-Tennis-Tour

Von Interview: Manuel Wachta
Die Hobby-Tennis-Tour (kurz: HTT) von Claus Lippert agiert nach dem Vorbild der ATP-Tour.
© (c) Claus Lippert

Veranstalter Claus Lippert spricht übers Erfolgsgeheimnis seiner bereits seit dem Jahre 1990 existierenden Breitensport-Turnierserie.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Etliche Hobbytennis-Turnierserien sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten gekommen und wieder gegangen, aber eine von ihnen ist nach mehr als einem Vierteljahrhundert immer noch da: die Hobby-Tennis-Tour (kurz: HTT) von Claus Lippert, die überwiegend in Ostösterreich, und dabei vor allem in Wien, nach dem Vorbild der ATP-Tour agiert und sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Im tennisnet.com-Interview spricht der 49-Jährige übers Erfolgsgeheimnis seiner schon traditionsreichen Breitensport-Turnierserie, über den "Dominic-Thiem -Faktor", seine vielen Ideen für die österreichische Turnierlandschaft und die Mannschaftsmeisterschaft und über einiges mehr.

Claus, bereits seit 1990 organisierst du die Hobby-Tennis-Tour. Was animiert dich dazu nach 26 Jahren immer noch?

Gute Frage! (lacht) Es liegt wohl auch daran, dass es jetzt gerade so richtig lässig losgeht. Die Tour entwickelt sich gerade extrem gut, und das mitzuerleben und zu sehen, macht enorm viel Spaß. Es sind viele Leute dabei, die das Projekt unterstützen, auch Alexander Antonitsch (als Turnierdirektor bei den Generali Open Kitzbühel; Anmerkung) . Und wenn dann in Kitzbühel im großen Stadion oder in der Stadthalle bei den Erste Bank Open 500 gespielt wird, dann macht das allen Beteiligten enormen Spaß. Und dann ist da noch die Freude und Leidenschaft, mit der die Spieler der HTT zu Werke gehen. Ihnen Spaß zu bereiten und deren Freude an der Hobby-Tennis-Tour zu sehen, motiviert mich extrem.

Claus Lippert in Aktion
© (c) Claus Lippert
Claus Lippert in Aktion

ie Saison ist vorvoriges Wochenende - wie bei den Profis - mit dem Masters zu Ende gegangen. Wie sehr ist dieses auch auf der HTT das absolute Highlight für die Spieler?

Das Turnier ist mittlerweile ein absolutes Highlight. Alle Qualifizierten und deren Umfeld fiebern diesen acht Turniertagen im UTC La Ville entgegen. Es sind nur Spieler mit einem 3er-ITN im niedrigen Bereich dabei. Es gibt von der ersten Partie an super Matches. Und von den Duellen untereinander abgesehen, wird den Spielern auch abseits des Platzes enorm viel geboten.

Zum Beispiel?

Eine eigene Player's Lounge, eine Jacke und - ganz wie bei den ATP World Tour Finals - ein Handtuch, jeweils mit dem eigenen Namen eingestickt. Der Centercourt wird außerdem schön hergerichtet: Es gibt eine Kühltruhe mit Getränken, alle Spieler gehen unterm Nebel aus einer Nebelmaschine auf den Platz (ebenso wie beim ATP-Saisonfinale in London; Anmerkung) und werden wie in London von einem Moderator anmoderiert und vorm Einspielen vorgestellt. In den Wechselpausen legt ein DJ auf und es gibt riesige Trophäen für die Gewinner. Alle Spiele kann man im Liveticker mit totaler Machstatistik so wie im Fernsehen verfolgen. Dazu gibt es Live-On-Court-Interviews, einen eigenen Promo-Trailer sowie natürlich eine ganz exklusive Players-Party. Nach den Matches gibt es eigene Pressekonferenzen, und nach dem Finale bei der Siegerehrung gab's schließlich einen Konfettiregen zur Feier, ein Champions Dinner - der Sieger (Vladimir Vukicevic aus Serbien; Anmerkung) erhielt heuer einen Privatparkplatz im UTC La Ville und darf ein Jahr lang gratis auf der HTT aufschlagen. Alles wird gesponsert von Raimund Stefanits und seinem UTC La Ville, der für die HTT in den vergangenen Jahren unheimlich viel getan hat, und dem ich zu großem Dank verpflichtet bin. Früher haben die Spieler meist eine Woche davor überlegt: "Werde ich teilnehmen oder nicht?" - mittlerweile braucht man da fast gar nicht mehr nachfragen. Mit Alexander Schager war sogar einer dabei, der ein jeden Tag insgesamt 350 Kilometer mit dem Auto hin- und hergefahren ist (Leoben-Wien-Leoben; Anmerkung) .

HTT Finals - Philipp Schneider - Damian Roman - Vladimir Vukicevic - Christoph Beutler - Renee Glatzl - Gabriel Jovanovic - Bernhard Scheidl - Alexander Schager
© (c) Claus Lippert
HTT Finals - Philipp Schneider - Damian Roman - Vladimir Vukicevic - Christoph Beutler - Renee Glatzl - Gabriel Jovanovic - Bernhard Scheidl - Alexander Schager

Kein Wunder also, dass sich die Nennzahlen positiv entwickeln. Wie positiv denn genau? Wie viele Leute spielen auf der HTT mit?

Aktuell umfasst das HTT-Entry-Ranking (also das 52-Wochen-System; Anmerkung) ca. 1200 SpielerInnen. Die Teilnehmerzahlen sind kontinuierlich am Steigen. Im Durchschnitt spielen inzwischen fast jede Woche 80 bis 120 Leute mit.

Was ist für dich persönlich das Erfolgsgeheimnis der HTT? Warum stößt sie auf immer größeren Anklang, während andere Turnierserien leider der Reihe nach sterben?

Es hängt vielleicht auch damit zusammen, dass ich als einer von Wenigen den Mut dazu hatte, Hobbytennis ab ITN 3,0 zu definieren und für den Spielstärke-Bereich aufzumachen. Anfangs bin ich dafür auch heftig kritisiert worden. Inzwischen spielen ca. 200 der 1200 Leute mit 3er ITN bei mir, gute Spieler haben hier also quasi ihr Zuhause gefunden, bei den ÖTV-Turnieren wären sie nicht gut aufgehoben gewesen, weil sie da keine Chance haben, um den Turniersieg mitzureden. Da fahren sie weit und bezahlen vielleicht 40 Euro, um dann in der Qualifikation abgeschossen zu werden. Auf der HTT sind sie dagegen keine kleinen Nummern. Sondern ich mache aus ihnen sozusagen Stars. Sie spielen um den Turniersieg mit und haben hierbei lauter gute Matches - und auf unserer Homepage mittels umfangreicher Berichterstattung auch noch die entsprechende Aufmerksamkeit, die doch jeder Mensch gerne hat.

Und nahezu immer gute Matches haben, dies gilt durch die Unterteilung der Turniere in ITN-Kategorien auch für Spieler mit schlechterem ITN.

Genau. Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt, dass ein jeder Spieler - egal, wie stark er ist - sein eigenes Turnier hat und es auch gewinnen kann. Eben in einer anderen Kategorie. Jeder Spieler muss ein Zuhause haben, und ein solches hat er auf der HTT. Es herrscht hier jetzt ein richtig gutes Klima, denn alle verstehen sich untereinander gut. Es ist wie eine große Familie, obwohl es so viele unterschiedliche Leute aus den verschiedensten Berufssparten und Ländern sind, die mitspielen. Und was bestimmt auch entscheidend ist: dass ich auf Termine Rücksicht nehme. Es gibt kaum einen Spieltermin-Wunsch, den ich nicht umsetzen und erfüllen könnte. Jeder Spieler kann alle seine Terminprobleme bekanntgeben und hat dann von mir garantiert, dass er keinen Spieltermin vorgesetzt bekommt, an dem er verhindert ist. Wir leben heute in einer Zeit, in der die Menschen auch reichlich anderes zu tun haben als auf dem Tennisplatz zu stehen, und es muss bei mir keiner ein Spiel bestreiten, wenn er eigentlich verhindert ist und beispielsweise arbeiten muss.

Wie sehr spürst auch du als Breitensport-Turnierveranstalter einen gewissen "Dominic-Thiem-Faktor"? Greifen durch ihn wirklich wieder mehr Leute zum Schläger?

Das glaube ich schon, vor allem echt viele Kids und Jugendliche, wie ich bei unserem neuesten Projekt auf der Juniors-HTT, die es seit April gibt, merke. Die beginnt jetzt auch zu boomen. Jedes Wochenende sind 30 bis 50 Kinder am Start. Sie spielen dasselbe System wie die Erwachsenen, und darunter wird nach dem Kidstennis-System gespielt, mit orange court, green court, red court sowie einem Future-/Challenger-System. Es gibt auch eine eigene Homepage, und es wird alles genauso dargestellt wie bei den Profis. Die Kinder fiebern so den ATP-Stars nach. Wir haben heuer schon viele ganz spezielle Turniere gehabt, wie die nachgespielten French Open, das große Juniors-HTT-Tour-Final oder zuletzt ein sogenanntes Girls-Power-Turnier für Mädchen. Da sind die Eltern bei der Siegerehrung mit Tränen in den Augen gestanden. Die Mails, die man am Tag nach so einem Turnier bekommt und in denen sich die Eltern für den besten Tennistag ihres Kindes bedanken, zeigen mir, dass die Juniors HTT das Projekt der Zukunft ist. Und das alles kommt wohl auch dadurch, dass der Dominic gerade besonders erfolgreich ist. Wir alle im Tennis sollten eigentlich versuchen, diesen Trend rund um Dominic zu nützen.

Juniors-HTT
© (c) Claus Lippert
Juniors-HTT

"Eigenlob stinkt", sagt man zwar, aber wie sehr denkst du selbst, dass du mittlerweile in der Turnierlandschaft eine gewisse Vorreiterrolle eingenommen hast?

Wie du bereits gesagt hast: Es sind ganz viele Turnierserien weggebrochen. Von daher glaube ich, dass es auch in der Hinsicht wichtig ist, dass es die HTT gibt. Zumal es ja auch auf ÖTV-Ebene nicht mehr so viele Turniere gibt - vor allem wenige, die die HTT-Spieler mit 3er- und 4er-ITN ansprechen würden. Und für die Spieler mit ITNs darunter ist die HTT ohnehin ganz wichtig. Aber eine Vorreiterrolle würde ich mir deshalb nicht anmaßen.

Jedenfalls gibt dir der Erfolg Recht, und es soll daher auch intensive Gespräche mit dem ÖTV um eine stärkere Einbindung deiner Person gegeben haben. In welcher Form?

Es stand im Gespräch, das ÖTV-Ranglisten- und Turnierreferat zu reformieren - und ich hätte das übernehmen sollen. Die Gespräche haben sich aber irgendwie zerschlagen. Im Nachhinein gesehen ist das vielleicht sogar gut so. Denn in einem starren System zu arbeiten, das ist nicht so mein Ding. Dafür ist der ÖTV stattdessen stark an der HTT interessiert, genauer gesagt an der Juniors-HTT. Es gab hierzu mehrere Gesprächsrunden, die gut und konstruktiv verlaufen sind. Es hat jedoch noch keinen Abschluss gegeben und es ist - anders als vor ein paar Tagen kolportiert - noch alles offen. Der Verband wollte zudem auch Gespräche zur Erwachsenen-HTT. Das ist für mich aber kein Thema.

Inwiefern ist der ÖTV an der Juniors-HTT interessiert? Wie könnte eine diesbezügliche, mögliche Zusammenarbeit aussehen?

Der ÖTV will das System übernehmen und österreichweit anwenden, ich soll es koordinieren. Das Modell österreichweit zu nützen, kann ich mir gut vorstellen. Aber wer diesbezüglich der Partner sein soll, das ist offen, die Gespräche mit ÖTV-Präsident Robert Groß haben vor über zwei Wochen erst mal aufgehört. Ich bin in jegliche Richtung offen, mir geht's in erster Linie ums Projekt. Ich bin überzeugt davon, dass es klasse wäre, das österreichweit zu installieren - alleine schon durch den Effekt, den die Erfolge von Dominic Thiem haben, bin ich mir sicher, dass das überall funktionieren könnte. Zumal derzeit viele Kinder in der Luft hängen, weil bei den ÖTV-Jugendturnieren auch die letzte Kategorie abgeschafft worden ist. Und Turniere der Kategorie 1 oder 2 zu spielen, macht für viele keinen Sinn - diese Kinder haben darum zurzeit keine Spielwiese. Die hätten sie damit wieder. Babolat ist auch sehr kräftig dahinter, dass aus der Idee etwas wird. Es gibt viele Projekte. Wohin der Zug fährt, ist noch nicht absehbar.

Dies ist auch bezüglich der Mannschaftsmeisterschaft so. Hier hast du ja ebenfalls einige Ideen auf Lager. Welche denn?

Nun ja, ein jeder der Tennis spielt, muss da ehrlich sein und eine Meinung dazu haben, und so wie die Meisterschaft momentan abläuft, ist es kein modernes System und kann nicht wirklich Spaß machen. Ich kenne aus anderen Sportarten keine Meisterschaft, die, wie zum Beispiel in Wien, nur fünf Runden hat, im Juni ist alles vorbei und dann wartet man wieder ein Jahr lang. Dabei wären mehr Runden für mich als HTT-Veranstalter ja kontraproduktiv - auch wenn ich einen Stamm an Spielern habe, die gar nicht Meisterschaft spielen oder viele sogar am Turnier teilnehmen, obwohl sie Meisterschaft spielen, da sie wissen, dass ich auf ihre Terminwünsche eingehen kann. Ich habe in jedem Fall so einige Ideen, wie man die Mannschaftsmeisterschaft besser durchführen und für Vereine sowie Spieler attraktiver machen könnte. Das gilt auch für Landesmeisterschaften, die doch in Wirklichkeit nicht mehr als eine Farce sind. Wenn solche Turniere keine Qualifikation mehr zustande bringen, ja nicht mal einen vollen Hauptbewerbs-Raster schaffen, dann muss man sich doch als Veranstalter oder eben ausrichtender Verband hinterfragen! Wenn ich nur an die Bundeshauptstadt denke, die über 70 Vereine hat, und nur 27 Spieler mit völlig unterschiedlichen ITN-Werten kämpfen dann um den zweifelhaften Titel eines Landesmeisters, müssen sich alle Verantwortlichen doch darüber bewusst sein, dass hier etwas falsch läuft. Wenn nur jeder Verein einen oder seinen besten Spieler schicken würde... sowas muss doch machbar sein, ganz ehrlich! Leider denken im Verband viele nicht über den Tellerrand hinaus und sind in einem starren System gefangen.

Die Hobby-Tennis-Tour (kurz: HTT) von Claus Lippert agiert nach dem Vorbild der ATP-Tour.
© (c) Claus Lippert
Die Hobby-Tennis-Tour (kurz: HTT) von Claus Lippert agiert nach dem Vorbild der ATP-Tour.

Eine gute Zusammenarbeit pflegst du bekanntlich mit tennisnet.com.

So ist es. Alexander Antonitsch scheint ein Fan der HTT zu sein! Nein, Spaß - er hat erkannt, dass der Breitensport im Tennis eben eine ganz wichtige Rolle spielt. Natürlich sind die Stars der ATP und die Spitzenspieler in Österreich die Aushängeschilder des Tennissports, ohne die Hobbyspieler würden wir im österreichischen Tennis aber ganz traurig dastehen, denn sie sind diejenigen, die Bälle, Schläger usw. kaufen, die ihre Rackets mehrmalig bespannen lassen, die in den Clubs eine Mitgliedschaft kaufen oder eine Stunde kaufen, die Trainerstunden nehmen, die etwas in den Restaurants und Kantinen konsumieren und dadurch dafür sorgen, dass viele Menschen im Tennisbereich arbeiten können. Und Alex hat der HTT mit einem eigenen Link auf tennisnet.com eine unglaubliche Plattform geboten. Aber nicht nur, dass die News von der Hobby-Tennis-Tour seit Mitte März diesen Jahres auf tennisnet.com zu lesen sind: Beim mit Unterstützung von Babolat durchgeführten tennisnet-Camp in Umag vom 3. bis 7. Mai 2017 wird zusammen mit der Hobby-Tennis-Tour vor Ort ein eigenes Turnier ausgetragen. Darauf können sich die Teilnehmer jetzt schon freuen und sich anmelden. ( Hier gibt es alle Informationen dazu! )

Das Gespräch führte Manuel Wachta.