Jürgen Waber exklusiv – „Das ist einfach völlig unrealistisch“

Der Damen-Teamkapitän und Trainer von Barbara Haas über den erneuten Salto Nullo der heimischen Ladies beim Heimturnier.

von Manuel Wachta
zuletzt bearbeitet: 12.10.2016, 00:00 Uhr

Jürgen Waber - Barbara Haas

Für Jürgen Waber waren größere Sprünge der Österreicherinnen beim Generali Ladies Linz freilich nicht zu erwarten gewesen. Und dennoch steht der Niederlagen-Zähler bei den WTA-Heimturnieren nunmehr bei unglaublichen 33 in Folge (inklusive Einzel-Qualifikationen und Doppel). Was der Oberösterreicher, in seiner Rolle als ÖTV-Fed-Cup-Kapitän, dazu und zur Leistung seines Schützlings Barbara Haas ( 4:6, 4:6 in der ersten Runde gegen Julia Görges ) sagt? Das lest ihr hier, im exklusiven tennisnet.com-Interview.

Jürgen, wie zufrieden kann man mit einer Niederlage sein? Wie happy bist du denn mit Barbaras Leistung in Linz?

In erster Linie war ich mal beeindruckt von Julia Görges. Sie hat wirklich super gespielt, und es war imposant, mit was für einer Power sie agiert hat. Barbara hat durch die Stärke von Julia einfach nie so richtig zu ihrem Spiel finden können. Man hat einfach das Gefühl gehabt, Julia muss ein bisschen nachlassen und Barbara, die natürlich ständig unter Druck stand, vielleicht den einen oder anderen unerzwungenen Fehler weniger machen. Aber gut, wir haben gesehen, woran wir eben noch arbeiten müssen. Und ich bin auch zuversichtlich, dass man viele Dinge verbessern kann. Ich finde auch, dass ihre Aufschlagleistung im Prinzip gar nicht so schlecht war. Es war halt in manchen Situationen unglücklich (zum Beispiel Doppelfehler zu kassierten Aufschlagverlusten; Anmerkung) , aber sie hat eigentlich ein relativ hohes Percentage gehabt. Sie kann es auch noch viel besser, aber unter den Voraussetzungen und den Bedingungen ist es einfach nicht so leicht, das auch zu bringen.

"Ich glaube, dass sie überall noch großes Potential hat."
Jürgen Waber über seinen Schützling Barbara Haas

Siehst du es trotzdem so wie sie auch selbst, dass bei ihrem Service, wenn man von einer Baustelle sprechen möchte, noch das größte Potential nach oben vorhanden ist?

Nein, ich glaube, dass sie überall noch großes Potential hat. Ich weiß ja auch, was sie noch imstande ist, zu leisten und zu spielen - das war jetzt nicht ihr bestes Tennis. Wie gesagt, sie ist auch nicht zum Spielen gekommen, und das schaut gegen andere Gegnerinnen wieder ganz anders aus. Natürlich ist das Service zu verbessern, aber ich finde, dass sie sich da im letzten Jahr auch verbessert hat. Und ich sehe auch, dass sie sich hier heuer im Vergleich zum letzten Jahr verbessert hat, nur war die Gegnerin einfach eine andere. Natürlich ist alles auch physisch bedingt. Barbara ist nicht die größte Spielerin, sie wird nie mit sehr viel Wucht aufschlagen können, aber sie muss halt clever und mit Varianten servieren, und das muss sich erst mit der Zeit entwickeln.

Die letzten Wochen sind bei Barbara nach einem 6:0,-6:0-Auftaktsieg beim ITF-Turnier in Saint-Malo generell nicht nach Wunsch verlaufen.

Man sieht einfach wie schwierig es ist, sich ständig umzustellen: vom Hardcourt in Amerika auf Sand in Frankreich, dann in die Halle in Frankreich. Und das sind einfach Prozesse, die sie durchleben muss, aus denen sie erst lernen muss. Sie hat ihre erste Runde auf Sand wirklich gut gespielt, hat dann aber auch gegen eine starke Gegnerin verloren. Da hat sie den ersten Satz verschlafen, dann war es eine offene und enge Partie. Die kann man verlieren, und danach hatte sie in der Halle einfach Umstellungsprobleme. Sie hat sich hier jetzt sicher besser präsentiert, aber man sieht auch, dass die anderen nicht schlafen. Jemand, der auf Rang 400 steht, kann an einem guten Tag eben auch gewinnen.

"Alles, was wir machen können, ist, jeden Tag versuchen, zu arbeiten und zu verbessern."
Jürgen Waber

Österreichs Damen haben nicht nur in Linz nach 2013 keinen Sieg mehr geholt, sondern inklusive Einzel-Qualifikationen und Doppel überhaupt die letzten 33 Partien bei WTA-Heimturnieren verloren. Und auch wenn viele enge Niederlagen, teils nach vergebenen Matchbällen oder Führungen, dabei waren: Wie ist das, aus deiner Rolle als ÖTV-Fed-Cup-Kapitän betrachtet, zu erklären?

Das liegt einfach daran, dass wir zuvor viele gute Spielerinnen gehabt haben, die wirklich gut auf der WTA-Tour reüssiert haben, auch zuhause. Und dann muss man einfach der Tatsache ins Auge sehen, dass wir jetzt schon seit längerer Zeit praktisch einen Umbruch haben, dass wir jetzt junge Spielerinnen haben, die nach vorne kommen, dass Tamira ( Paszek ; Anmerkung) leider immer wieder ein bisschen durch Verletzungen und durch Krankheit zurückgeworfen wird und nie konstant auf ihrem besten Niveau spielen kann. Und wir haben nur ein paar, und für Barbara oder für Julia ( Grabher ; Anmerkung) ist es furchtbar schwer, bei diesem Weltklasse-Feld zu bestehen. Das ist einfach völlig unrealistisch, im Vorfeld davon auszugehen, dass sie sich da im Hauptbewerb enorm profilieren können. Das ist ein Reinschnuppern, und wenn sie es schaffen, das Ranking dorthin zu bringen, dass sie dafür fix qualifiziert sind, dann werden sie auch ihre Runden gewinnen. So sehe ich das. Ich finde das jetzt also nicht großartig verwunderlich, und das wird sich auch in den nächsten Jahren schwer ändern - außer diejenigen Angesprochenen werden sich dementsprechend verbessern.

Nichtsdestotrotz ist es eine krasse Zahl, wenn bei so vielen Matches kein einziger Sieg herausgeschaut hat. Wie sehr siehst du, auch bei deinem Schützling, die Möglichkeit, dass sich das bald ändern könnte?

Alles, was wir machen können, ist, jeden Tag versuchen, zu arbeiten und zu verbessern. Und so weit das in meinen Möglichkeiten steht, kann ich sie unterstützen. Wir haben ‚Babsi' Haas, wir haben Julia Grabher, wir haben Mira Antonitsch , die arbeiten alle ordentlich. Schauen wir, wie weit sie es schaffen. Das kann man nicht prognostizieren, das ist einfach ein Prozess.

von Manuel Wachta

Mittwoch
12.10.2016, 00:00 Uhr